Trotz der verheerenden Buschbrände rückt die konservative Regierung Australiens nicht von ihrer Klimapolitik ab

Feuer und Rauch

Australien leidet unter den verheerendsten Buschbränden seit Jahren. Die konservative Regierung rückt dennoch nicht von ihrer Energie- und Wasserpolitik ab, die den Klimawandel und die Trockenheit verstärkt.

Zum dritten Mal in den zurückliegenden Monaten musste Gladys Berejiklian den Notstand ausrufen. Die Premierministerin des südöstlichen australischen Bundesstaats New South Wales griff am Donnerstag voriger Woche wegen der verheerenden Brände zu der auf die Dauer einer Woche angesetzten Maßnahme. Tausende Menschen wurden aufgefordert, weite Gebiete des Landes zu verlassen, die lokalen Behörden dürfen Menschen auch zwangsweise evakuieren. Bereits im November und über die Weihnachtsfeiertage hatte Berejiklian wegen der Brände den Notstand ausgerufen.

Vor allem Kommunen im Landesinneren Australiens ist das Wasser ausgegangen, andere stehen kurz davor.

Seit September lodern in Australien Hunderte von kleineren und größeren Buschbränden. Bislang kamen mindestens 25 Menschen ums Leben, darunter mehrere Feuerwehrleute. Zahlreiche Personen werden vermisst. Insgesamt 8,4 Millionen Hektar Land verbrannten bisher, eine Fläche größer als Bayern; zudem wurden über 2 500 Häuser zerstört. Ökologen der University of Sydney schätzen, dass etwa 500 Millionen Tiere in den Flammen umkamen, darunter viele Exemplare einzigartiger Beuteltierarten. Koalas gelten mittlerweile als vom Aussterben bedroht. Allein in New South Wales dezimierten die Buschfeuer die Koala-Bestände um ein Drittel.

Trotz des Einsatzes vieler freiwilliger Helferinnen und Helfer sind etliche Feuer noch immer nicht unter Kontrolle. Großfeuer in der Nähe von Sydney und Canberra sorgen für beißenden Rauch. Anwohnerinnen und Anwohner klagen über anhaltende Atemwegsbeschwerden. Die seit Monaten anhaltende Luftverschmutzung hat mittlerweile sogar Werte überschritten, die sonst eher aus Industriestädten Indiens oder Chinas bekannt sind. Immer neue Hitzerekorde werden aus verschiedenen Landesteilen gemeldet. Selbst das südliche Tasmanien, die kühlste Gegend Australiens, verzeichnete mit über 40 Grad Celsius Rekordtemperaturen. Die extreme Hitze macht Mensch und Tier zu schaffen, Fische verenden, Vögel und Fledermäuse fallen tot von den Bäumen.

Zwar gehören Hitzewellen und Buschfeuer in Australien zum Sommer – die letzte größere Buschfeuerkatastrophe 2009 forderte über 170 Tote im Bundesstaat Victoria –, doch dieses Mal setzten sie viel früher ein als in den Jahren zuvor. Extreme Temperaturen und hohe Windgeschwindigkeiten bis zu 60 Kilometer pro Stunde sorgen dafür, dass sich die Brände schnell verbreiten. Ein Funke genügt, denn langanhaltender Regenmangel hat viele australische Landstriche völlig ausgetrocknet. In Victoria nähern sich die Flammen den Randgebieten Melbournes, viele Einwohnerinnen und Einwohner wurden aufgefordert, ihre Häuser und Grundstücke zu verlassen und sich in Sicherheit zu bringen. Vor allem Kommunen im Landesinneren ist das Wasser ausgegangen, andere stehen kurz davor. Sie sind auf tägliche Wassertransporte angewiesen. In vielen anderen Ortschaften gelten strikte Wassersparmaßnahmen.

Ursache der extremen Trockenheit ist der sogenannte Dipol im Indischen Ozean. Dort hat sich besonders das Wasser im Westen stärker als gewöhnlich erwärmt, während es im Osten kühler geblieben ist. Während also Australien glüht, kommt es in Ostafrika zu extremen Niederschlägen, Überschwemmungen und Erdrutschen. Wenngleich Klimaextreme für die gegenwärtige Hitze verantwortlich sind, so sind doch viele Folgeprobleme hausgemacht.

Während vor einigen Jahren starke Regenfälle für volle Staudämme sorgten, sind mittlerweile fast alle Staubecken am unteren Limit angelangt. Neben der wasserintensiven Landwirtschaft – ­in einigen Teilen Australiens werden trotz des ariden Klimas Reis und Baumwolle angebaut – sind auch Wasserlizenzen für die Viehwirtschaft problematisch; Australien exportiert Fleisch. Einer der größten Wasserverbraucher ist allerdings die Kohle- und Bergbauindustrie. Kohleminen wie die Carmichael-Mine des indischen Konzerns Adani Group im Bundesstaat Queensland erhalten von der australischen Regierung große Wasserkonzessionen. Das chinesische Unternehmen Joyful View erhielt erst Ende Dezember die Genehmigung, 96 Millionen Liter Wasser im Jahr aus dem dürregeplagten Queensland zu extrahieren. Die Verantwortlichen ignorieren die Wut der betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner. Manchen genügen selbst die großzügigen offiziellen Lizenzen nicht. Wasserdiebstahl ist verbreitet, oft gehen die Behörden dem nur unzureichend nach.

Wenn es um den Klima- und Ressourcenschutz geht, ist Australien alles andere als ein Vorbild. Bei den weltweiten Kohlendioxidemissionen ist Australien seit Jahren in der Spitzengruppe der ersten 20 Länder, noch vor einigen europäischen Staaten, die dichter bevölkert sind. Nicht nur fördert die konservative australische Regierung unter Premierminister Scott Morrison, genauso wie vorherige Regierungen, den Kohleabbau, sie macht auch Klimaschützerinnen und -schützern das Leben schwer. In einigen Bundesstaaten wie Queensland und Tasmanien, dem Zentrum der Holz­industrie, haben die Regierungen neue Gesetze erlassen, mit denen protestierende Umweltschützerinnen und -schützer schneller und härter bestraft werden können. Auch die konservative Presse des Konzerns von Rupert Murdoch, der die australischen Medien dominiert, verunglimpft Umwelt- und Klimaschützer, indem sie diese als »Ökoterroristen« denunziert. Konservative Medien versuchen außerdem, den Grünen die Schuld an den Feuern zuzuschieben, da diese sich angeblich gegen kontrollierte Gegenfeuer aussprechen.

Während Australien seine schlimmsten Brände seit einem Jahrzehnt erlebte, machte Morrison Urlaub auf Hawaii. Erst nach Protesten und Rücktrittsforderungen bequemte er sich, nach Australien zurückzukehren, und entschuldigte sich für seine Abwesenheit in diesen schweren Zeiten. Doch auch nach seiner Rückkehr ließ er kein Fettnäpfchen aus. Bei einem Treffen mit Premierministerinnen und -ministern der einzelnen Bundesstaaten sagte er beispielsweise, dass Entschädigungszahlungen für freiwillige Feuerwehrleute »keine Priorität« für seine Regierung hätten. Wegen des wachsenden öffentlichen Drucks musste er jedoch Zahlungen in Aussicht stellen. Auf die Forderungen von Umweltschützerinnen und -schützern, seine Kohlepolitik zu überdenken, entgegnete er lediglich, dass er sich nicht auf solche »rücksichtslosen Forderungen« einlassen werde, die »Arbeitsplätze zerstören und die Wirtschaft schädigen«. Stattdessen betet er für Regen, wie es sich für einen evangelikalen Christen gehört. Außerdem wurde er beim Baden am Strand in Sydney gesichtet, was seiner Beliebtheit ebenso schadete wie die missglückten Begegnungen mit den Opfern der Buschfeuer.

Kurz vor Silvester unterzeichneten über 250 000 Menschen eine Petition, in der sie dafür plädierten, das Feuerwerk in Sydney, bei dem jährlich an die fünf Millionen Euro verballert werden, ausfallen zu lassen. Angesichts der verrauchten Luft könne man auf zusätzliche Luftverschmutzung verzichten und das damit gesparte Geld besser den Feuerwehrleuten zukommen lassen. Eine Pressesprecherin der Stadt Sydney kritisierte diese Vorschläge entschieden, denn den von den Buschbränden betroffenen Kommunen sei mit zusätzlichen Geschäftseinbußen bei Inhaberinnen und Inhabern von Restaurants und Hotels nicht geholfen. Außerdem wolle man »unter keinen Umständen den aus nah und fern angereisten Touristen die Silvesternacht vermasseln«. Des Weiteren sei das meiste Geld schon für das Feuerwerk ausgegeben worden und stehe somit ohnehin nicht mehr zur Verfügung. Wegen der erneut ansteigenden Temperaturen wird mit einer weiteren Zuspitzung der Lage gerechnet.