Das PR-Geheimnis von VW wird gelüftet.

PR nach guter deutscher Tradition

Die preisgekrönte Reportage Von Leo Fischer

Die leidenschaftliche Markenkommunikation des VW-Konzerns.

»Willkommen beim schlimmsten Unternehmen der Welt«, lacht Alois Zwirngiebel und setzt uns dann mit Schwung einen rechten Haken. Während wir uns das schmerzende Kinn reiben, reicht uns Zwirngiebel ein Taschentuch, in das er vorher kräftig reingerotzt hat. »Machen Sie sich mal frisch, ich ziehe derweil noch ein, zwei Lines von meinem Krokoleder-Tisch.« Zwirngiebel ist Pressesprecher der Volkswagen AG und hat derzeit allerhand zu tun. Ein rassistischer Werbespot, der billige Ablasshandel im Abgasskandal, Millionen an Steuerhilfen, die inmitten von Kurzarbeit an die Aktionäre weitergereicht werden – für viele PR-Profis wäre es ein Desaster, für Zwirngiebel ist es Ansporn: »Mir ist das alles scheißegal! Ohne Autos läuft in diesem Drecksland eh nichts, also sollen die mal alle schön die Fresse halten. Sie übrigens auch! Sonst geht’s Ihnen wie gewissen Gewerkschaftern in Brasilien, höhö.«

Soeben hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass geprellten VW-Kunden Schadenersatz zusteht. In den USA sitzen VW-Manager bereits im Gefängnis. Für den urbanen Medienmenschen Zwirngiebel mit seinen schweren Lederstiefeln, seinem Stiernacken und seiner doppelläufigen Flinte auf dem Rücken ist das nur eine weitere Baustelle: »Dieses Unternehmen wurde von Nazis gegründet. Klar hat man da auch Feinde. Feinde, die ich bis zur letzten Patrone bekämpfen werde!«

Braucht die Unternehmenskultur von Volkswagen vielleicht eine Erneuerung, fragen wir vorsichtig, als auf Zwirngiebels Stirn eine Ader zu pulsieren beginnt. »Sie halten schön die Klappe, ja! Oder wir brechen ­Ihrer Frau die Beine. Oder Ihrem Lebenspartner. Sie sind doch bestimmt auch so einer.« Ob das im 21. Jahrhundert noch die richtigen Worte seien, fragen wir, während Zwirngiebel uns das Portemonnaie aus dem Mantel nimmt. Als kleiner Vorschuss auf die staatlichen Hilfen, wie er erklärt. »Wir haben bei VW ein Motto: Frage nicht, was VW für das Land tun kann, sondern lieber, was das Land für VW tun kann. Und ich muss sagen, wir verlieren allmählich die Geduld mit diesem Lotterland! Wenn Sie nicht spuren, schreiben wir Ihnen einen Schadsoftware, mit der Sie von der Sitzheizung verbrannt werden. Wie gefällt Ihnen das?«

Zweifellos steckt der Autobauer in einer tiefen Krise. Doch leidenschaftliche Markenmanager wie Zwirngiebel werden das Traditionsunternehmen da auch wieder herausholen. Auf dass die Leute noch in 1 000 Jahren Volkswagen fahren!

 

Aus der Urteilsbegründung: Leo Fischers preisgekrönte ­Reportagen sind in hohem Maße fiktiv. Ähnlichkeiten mit realen Personen und Geschehnissen sind unbeabsichtigt.