Die Feiern zum 150. Jahrestag der Kommune ärgern französische Konservative

Streit ums Gedenken

Die Pariser Stadtregierung will des 150. Jahrestags der Kommune von Paris mit zahlreichen Veranstaltungen gedenken. Konservative kritisieren das heftig.

Totgesagtes lebt länger. In Frankreich schien der Gegensatz zwischen links und rechts überholt, jedenfalls in Bezug auf die etablierten Parteien und ihr jeweiliges gesellschaftliches Umfeld. Wenig unterschied sich deren Politik, wenn sie an der Regierung waren, und viele führende sozialdemokratische und konservative Politiker ha­ben sich in den vergangenen vier Jahren der 2016 gegründeten Partei La Ré­pu­blique en marche von Staatspräsident Emmanuel Macron angeschlossen.

Aber der Schein trügt. Der Jahrestag der Kommune von Paris lässt diesen Gegensatz wieder scharf hervortreten. In den Schilderungen mancher konservativeren Zeitgenossen erscheint die sozialdemokratische Pariser Bürgermeisterin, Anne Hidalgo, gar als gefährliche Revolutionärin.

Die Pariser Stadtregierung, getragen von einer Koalition aus Sozialdemokraten, Grünen und der Kommunistischen Partei, will des 150. Jahrestags der Kommune von Paris mit zahlreichen Veranstaltungen gedenken. Das 72 Tage währende frühe sozialistische Experiment begann im von Preußen belagerten Paris, am 18. ärz 1871. Es endete in der sogenannten Blutwoche, in deren Verlauf Tausende Kommunarden und Kommunardinnen niedergemetzelt wurden.

Der konservative Stadtverordnete Antoine Beauquier bezeichnete die 72 Tage der Pariser Kommune als »traurigen Bürgerkriegsmoment«.

Manchen Stadtverordneten der bürgerlichen Rechten ist das Gedenken daran ein Dorn im Auge. Antoine Beauquier von der Fraktion Groupe changer Paris – Républicains, Centristes et Indépendants bezeichnete die 72 Tage der Pariser Kommune als »traurigen Bürgerkriegsmoment« und erinnerte daran, dass Kommunarden den Tuilerien-Palast, das ehemalige Königsschloss im Stadtzentrum, angezündet hatten. Mit der Frage, wie man künftig »randalierende Chaoten verurteilen« wolle, wenn man sich auf solche historischen Begebenheiten positiv beziehe, löste er einen verbalen Schlagabtausch im Stadtrat aus.

Den Streit dort begann jedoch sein Fraktionskollege Rudolph Granier, Stadtverordneter für den 18. Bezirk, auf dessen Anhöhen die Kommune ihren Anfang genommen hatte. Anfang Februar polemisierte er im Stadtrat gegen Zuschüsse für den Verein »Freundinnen und Freunde der Kommune«, dem er unterstellte, »die gewalttätigsten Ereignisse der Kommune« zu verklären. Der Verein hatte sich gegen das von der Stadtregierung angeregte Vorhaben gewandt, die ebenfalls im 18. ezirk gelegene Kirche von Sacré-Cœur zum historischen Monument zu erklären. Das Argument des Vereins: Das Bauwerk habe in den achtziger Jahren des 19. ahrhunderts die damals regierende nationalistische Rechte als Sühnezeichen für die Sünden der Kommune errichtet.

Das ist jedoch nicht ganz richtig: Die Initiative zur Finanzierung des Baus wurde im Januar 1871 ergriffen, also zwei Monate vor Beginn der Kommune. Buße sollte damit für die als göttliche Strafe wahrgenommene Niederlage im deutsch-französischen Krieg geleistet werden. Allerdings mischten sich während der Bauzeit beide Motive. Die Entscheidung über den Denkmalschutz ist auf 2022 verschoben.

Bürgermeisterin Hidalgo will am Donnerstag auf dem nach der Kommunardin Louise Michel benannten Platz am Fuße von Sacré-Cœur einen Nadelbaum aus Neukaledonien pflanzen. Dorthin war Michel nach der Niederlage der Kommune verbannt worden. Überdies sollen die Umrisse von 50 getöteten Kommunarden auf den Boden gezeichnet werden. Auf dem Friedhof von Père-Lachaise, wo 147 Kommunarden erschossen wurden, und an anderen Orten des historischen Geschehens sollen Rundgänge angeboten werden.

Viele linke Medien widmen sich der Kommune in diesen Tagen, die KP-nahe Tageszeitung L’Humanité zum Beispiel brachte über mehrere Wochen hinweg täglich eine Seite zum Thema. Granier kritisierte dagegen in der Sonntagszeitung Le Journal du Dimanche: »Man tanzt nicht auf Brandruinen.«