Der kleine Horrorladen

raucherecke

»Welches Europa wollen wir ?« Zu diesem Thema veranstaltete das Studienzentrum Weikersheim, einschlägig bekannt als Brutstätte und Lobby neurechter Ideologie, vom 3. bis 5. Juni seinen 27. Jahreskongress im landeseigenen Schloss des württembergischen Provinznests. Ein passendes Motto wäre auch gewesen: »Rhetorikkurs: Wie kann ich meine faschistoide Gesinnung möglichst verschwurbelt und ›salonfähig‹ artikulieren ?«

Hardliner der CDU, christliche Fundamentalisten, so genannte Rechtsintellektuelle etwa aus dem Milieu der Jungen Freiheit und sonstige Angehörige der »geistigen Leistungselite« geben sich auf dem Treffen die Klinke in die Hand, oder auch die Krücke, denn beim Eintritt in den Tagungsraum sticht sofort der eklatant hohe Anteil an Greisen ins Auge. Auch der frühere baden-württembergische Ministerpräsident und NS-Marinerichter Hans Filbinger wirkt alles andere als taufrisch. Für die Zeit nach diesen alten Herren ist aber gesorgt: »Jung-Weikersheim« stellt mit 140 Mitgliedern bereits 40 Prozent des Vereins.

Der Stargast des diesjährigen Kongresses ist Rocco Buttiglione, der italienische Kulturminister und verhinderte EU-Kommissar, mithin der tapferste Kämpfer gegen die Repressalien, denen überzeugte Christen in den Medien, in der EU, in Deutschland und überhaupt angeblich ausgesetzt seien. Gut findet man: Non und Nee, Neuwahlen im Herbst und die Neuwahlen im Vatikan vor zwei Monaten. Beklagt wird der Nihilismus, die kulturelle Hegemonie der 68er, die Reduzierung der deutschen Geschichte auf die Jahre 1933 bis 1945, die Türkei vor den Toren, der wertelose, d.h. unchristliche Kapitalismus, der Sozialkonsum usw.

Zwischen den Beiträgen fordert mal eben einer die Rehabilitation Martin Hohmanns, der Opfers des »Antisemitismuskeule«, oder die Unterstützung der Jungen Freiheit, deren Vertreter vor Ort brav alles dokumentiert. Von Buttiglione verlangt jemand unter regem Applaus die Freilassung des SS-Kriegsverbrechers Priebke aus italienischer Haft. Auf dem Grabbeltisch finden sich neben Publikationen des Studienzentrums unter anderem Kopien aus der Preußischen Allgemeinen Zeitung sowie Heftchen der Paneuropa-Union. Prinz Hohenlohe schaut mal kurz vorbei, ebenso Weikersheims parteiloser Bürgermeister Klaus Kornberger und der soeben pensionierte CDU-Landrat Georg Denzer. Wie rechts mag sie wohl sein, diese Mitte ?

tobias herold