Island in the Zone

Das Conne Island in Leipzig feiert sein 15jähriges Bestehen. von mathias berek

Im 19. Jahrhundert war das Gebäude ein Ausflugs­lokal im Grünen. Der damalige Name »Eiskeller« hat sich kurioserweise bis heute gehalten. Die Betreiberinnen und Betreiber sprechen jedoch schlicht von »dem Laden«. Das Conne Island, ein linkes Polit- und Kulturzentrum im südlichen Leip­ziger Stadtteil Connewitz, versucht seit dem Jahr 1991, den Zuständen in der ostdeutschen Provinz etwas entgegenzusetzen. Es ist ein Treffpunkt für Antifas und andere, die gegen die gesellschaftlichen Verhältnisse etwas einzuwenden haben. Seit 15 Jahren versucht man dort in diesem Sinne, Politik und Kultur miteinander zu verknüpfen.

Anfang der neunziger Jahre war das Conne Island ein Club für elektrisch verstärkte Gitarrenmusik, vor allem Hardcore. Schnell öffnete es sich jedoch für andere Szenen. Schon bald tummelten sich dort Musikerinnen und Musiker, die HipHop oder Drum & Bass machen. Auch die Oi- und Skinhead­szene wurde mit einem gewissen Erfolg angebunden – eine Tatsache, die in Teilen der linken und alternativen Szene oft genug für Unmut sorgte. Nicht alle konnten etwas mit dem Ansatz anfangen, Konzerte von Bands wie Cock Sparrer in einem antifaschistischen Umfeld zu veranstalten, diese Subkultur nicht einfach den Nazis zu überlassen. Man hole sich nur jede Menge konservative, nationale und gewaltaffine Biertrinker in den Stadtteil, wur­de entgegengehalten.

»Das Subversionsmodell Pop hat sich erledigt, weder ist Hardcore heute per se antifaschistisch noch HipHop antirassistisch«, sagt Christian Schneider, der Geschäftsführer des Conne Island. Was früher rebellisch und fortschrittlich war, sei heute nur noch purer Gestus und Kaufargument.

Spätestens seit dem Jahr 1994, als Bio­hazard mit ihrem Nightliner auf den Hof rollten, war die Debatte um die Kommer­zialisierung des Zentrums eröffnet, die bis heute anhält. Kulturelle Innovation sei bloß noch zu haben, indem man Schulden mache, heißt es in der Broschüre zum 15jährigen Bestehen. »Man kann nur versuchen, mit den bekannten Acts die kleinen mitzutragen und ansonsten das authentische Ding zu fahren: letz­tes Jahr in London groß geworden, heute hier auf der Bühne«, meint Schneider. Ohne die – knapper werdende – Kulturförderung der Stadt sei aber auch das nicht möglich.

Neben der Kultur haben ein gut sortierter Infoladen und politische Gruppen ihren Platz. Eine Zeitschrift, das CEE IEH, wird herausgegeben, und seit dem Jahr 2004 gibt es die monat­liche Koproduktion »Radio Island«. Gruppen und Projekte finden im Conne Island Räume, Infrastruktur und ein soziales Umfeld, in dem die aktuellen politischen Auseinandersetzungen ausgetragen werden. Die Debatten um den »Antifa-Sommer«, Pop und Nationalismus, Antisemitismus und Antiamerikanismus gingen nicht spurlos an dem Kulturzentrum vorbei. Es gab Kritik, weil Bands wie Kassierer und Lokalmatadore spielen durften, in deren Texten sexistische Inhalte zu finden sind. Zwei Ladyfeste wurden veranstaltet, denen von der Conne-Island-Crew teilweise mit Skepsis und Desin­teresse begegnet wurde. Besucherinnen und Besucher mit Pali-Tüchern müssen diese seit mehreren Jahren am Einlass abnehmen und bekommen ein Flugblatt mit der Erklärung für diese Regelung überreicht. Die Band Mia wurde wegen ihrer wieder entdeckten Liebe zur Nation ausgeladen, Rubberslime wegen ihres Antiamerikanismus. Von Teilen der linken Szene wurde das Kulturzentrum immer mehr als »antideutsche Hochburg« angesehen, im Jahr 2003 kam es sogar zu einem Farbbeutelanschlag.

Im vorigen Jahr entstand unter anderem aus dem Umfeld des Conne Island die Kampagne gegen Natio­nalismus im Pop mit dem Titel »I can’t relax in Deutschland«. Und die Diskussion darum, inwieweit das Projekt eigene politische Prämissen verlassen hat, seitdem zur WM Deutschland-Flaggen auf dem Gelände wehten, ist noch im Gange.

Das Jubiläumsprogramm des Conne Island beginnt am 23. August. Siehe www.­conne-­island.de