Jesus wird Katholik

Jesus hat es nicht leicht: Er sitzt derzeit in einem türkischen Gefängnis. Er behauptet auch nur, er sei Jesus. In Wirklichkeit heißt er Mehmet Ali Agca. Der mittlerweile 51 Jahre alte Mann verübte am 13. Mai 1981 ein Attentat auf Papst Johannes Paul II. und verletzte diesen dabei am Unterarm, Zeigefinger und Torso. Danach fuhr der Papst nur noch in dem zwar weniger flotten, aber durch Panzerglas geschützten Papamobil durch die Mengen. Agca wurde damals zu lebenslanger Haft in Italien verurteilt, auf Bitten des Papstes aber an die Türkei ausgeliefert, wo das Mitglied der faschistischen Grauen Wölfe zuvor schon wegen der Ermordung Abdi Ipekçis, des Chefredakteurs der türkischen Zeitung Milliyet, verurteilt worden war.
Voraussichtlich darf Agca im Januar 2010 das Gefängnis verlassen. Nach seiner Entlassung will er Katholik werden, sich in der Peterskirche in Rom taufen lassen und »vor den Medien, der ganzen Welt« seinen Glauben verkünden. Des Weiteren möchte der Mann das Grab von Papst Johannes Paul II. besuchen, da er ihn für den »liebenswürdigsten und respektabelsten Menschen des 21. Jahrhunderts« hält. Doch nicht die Gnade des Papstes, der den Türken zwei Jahre nach dem Attentat im Gefängnis besuchte, um ihm zu verzeihen, ist der Grund für Agcas Sinneswandel. Das Attentat ereignete sich am Jahrestag der ersten Marienerscheinung in dem portugiesischen Ort Fàtima. Deshalb behauptete Johannes Paul II., Maria höchstpersönlich habe ihm geholfen zu überleben. Daraus wiederum folgerte Agca, dass er der »wiedergeborene Jesus Christus« sei, weshalb seine psychische Gesundheit häufig bezweifelt wurde. Mittlerweile sucht Agca auch schon Briefkontakt zu einer »einfachen und ehrlichen italienischen Frau«, die ihm nach seiner Freilassung »im gemeinsamen katholischen Glauben helfen kann, einen neuen Weg zu beschreiten«. Da hat der »wiedergeborene Jesus Christus« anscheinend noch einiges zu lernen: Schließlich weiß jeder Katholik, dass Jesus keine Frau hatte.