Die Freak-Show der Putschisten

Die Freak-Show der Putschisten

Die neuen Machthaber in Honduras wollen verhandeln, aber worüber eigentlich?

»Es gibt nur eine Sache, die nicht verhandelbar ist: die Rückkehr des Ex-Präsidenten Zelaya.« Dieses Man­tra hat der »Außenminister« der Putschisten, Enrique Ortez, in den vergangenen Tagen mehrmals wiederholt, am Sonntag wurden Fakten geschaf­fen, indem die Landung Manuel Zelayas auf dem Flughafen der honduranischen Hauptstadt Te­gucigalpa verhindert wurde. Zugleich ruft der Put­schisten-Präsident Roberto Micheletti die Organi­sation Amerikanischer Staaten, die wegen des Staats­streichs die Mitgliedschaft von Honduras sus­pendierte, zu »Verhandlungen« auf und sendet zum gleichen Zweck eine Delegation nach Washington. Aber was soll das Ziel solcher Verhandlungen sein, wenn es ihre Vorbedingung ist, dass Zelaya nicht zurückkehrt? Eine Anerkennung der Putschistenregierung ist angesichts der internationalen Verurteilung des Coups nicht realistisch. Irgendein institutioneller Kompromiss, der auf vorgezogene Neuwahlen zielt? Doch was wären sie wert, wenn einer der obersten honduranischen Militärs, Colonel Herberth Bayardo Ine­stroza, gegenüber dem Miami Herald im Hinblick auf die Verschleppung Zelayas ins Ausland kaltschnäuzig einräumt, das Militär habe das Gesetz gebrochen, und zugleich betont, es sei unmöglich für die honduranische Armee, Beziehungen zu einer »linken Regierung« zu unterhalten? Im Klartext: Wäre das Wahlergebnis nicht im Sinne der Armee, stünde der nächste Putsch an. Die Chancen, dass internationale Diplomatie die Situation entspannt, stehen schlechter.
Anders als 2002 bei dem gescheiterten Putschversuch gegen Hugo Chávez gibt es diesmal keine Anzeichen für eine Verwicklung der US-amerikanischen Regierung in den Staatsstreich in Honduras, keine Verunglimpfung von Zelaya und seiner Regierung durch Offizielle der Regierung Obama. Ganz im Gegenteil, wie Al Giordano in seinem Blog The Field schreibt: »Auf dem Gipfel der Amerikas im April posierten Obama und Clinton für nette Fotos mit dem honduranischen Präsidenten.« Giordanos stärkstes Argument: »Hätte Obama je einen Putsch angezettelt, wäre dieser viel besser verlaufen als der gegenwärtige, darauf kann man wetten.«
Aber für die amerikanische Regierung dürfte es schwierig werden, ihre bisherige Strategie gegenüber Honduras durchzuhalten. Sie fußte darauf, nicht direkt von einem Putsch zu reden, weil ansonsten automatisch die Suspendierung von US-Hilfen für den honduranischen Staat eintreten würde; wegen seiner Abhängigkeit von Exporten in die USA und Überweisungen von in den USA arbeitenden Honduranern würden Sanktionen den Druck auf die Putschisten enorm verstärken. Die New York Times zitierte am Dienstag einen hochrangigen amerikanischen Regierungsbeamten mit den Worten, es sei das Ziel der Obama-Regierung, »honduranischen Akteuren zu helfen, ihre eigenen Probleme zu lösen«.
Das ist auch angesichts der geringen institutionellen Unterstützung Zelayas in Honduras ein gewagtes Unterfangen. Zelaya hat es zwar geschafft, als bürgerlicher Nationalist mit einigen Sozialprogrammen die wachsende Unzufriedenheit der Bevölkerung, die zu etwa 60 Prozent in Armut lebt, zu narkotisieren, aber er ist alles andere als ein nüchtern kalkulierender Politiker. Am Sonntag ließ er sich aus dem Flugzeug, mit dem er nach Honduras zurückkehren wollte, live auf dem venezolanischen TV-Sendenetzwerk Telesur vernehmen: »Das Blut Christi rinnt durch meine Adern. Bald werde ich mit euch sein, um das Kreuz aufzurichten.« Ob die Revolte, die gegen die Putschisten entstanden ist, sich auf Zelayas Rückkehr an die Macht reduzieren lässt, ist die wirklich wichtige Frage.