Insel als Zustand

Wenn eine Band seit 17 Jahren Musik veröffentlicht, muss ein neues Album als Teil des Gesamtwerks verstanden werden. Tatsächlich knüpfen Deerhoof mit »La Isla Bonita« nahtlos an die lange Reihe der elf vorangegangenen Alben an.
Der erratische Grundgestus der Band, der vertrackte Rhythmen, harte Brüche und sägende Dissonanzen mit der hellen Stimme von Sängerin Satomi Matsuzaki verbindet, ist trotz des zuckrigen Albumtitels unverkennbar. Während Madonnas gleichnamiger Klassiker einen diffusen Sehnsuchtsort zelebriert, aber musikalisch höchstens andeutet, wird auf Deerhoofs schöner Insel ernst gemacht und das Unvertraute nicht erträumt, sondern zum Zustand erklärt. Das klingt heute so aufregend wie 1997. Ein feiner Unterschied zum vorangegangenen Album »Breakup Song« ist die entspanntere Grundstimmung, vielleicht weil die Songs diesmal gemeinsam live im eigenen Keller aufgenommen wurden. Besonders zeigt sich diese Homogenität in den ruhigen Stücken »Mirror Monster« und »Oh Bummer«.
Insgesamt jedoch bleibt die Band ihrer Vorliebe für lustvolles Chaos treu und wechselt mühelos zwischen Wahnsinn und Besinnlichkeit, Punkriffs und fragilen Melodien. Dieses Umherirren bildet den Kontrast zur ästhetischen Kontinuität des Gesamtwerks, womit »La Isla Bonita« einmal mehr unter Beweis stellt, wie sich musikalische Trends und Retrowellen ignorieren lassen. Eigentlich doch wie bei Madonna: »All of nature wild and free«.

Deerhoof: La Isla Bonita (Altin Village & Mine/Indigo)