Die Gaza-Flottille sticht erneut in See

Segelschwestern gegen Israel

Erneut gibt es eine Flottille, die in Richtung Gaza-Streifen segelt. Die Organisatoren sind dieselben wie in den Jahren zuvor, diesmal besteht die Besatzung der Schiffe jedoch nur aus Frauen, die sich der antiisraelischen Propaganda der Kampagne andienen.

Um zwei Uhr nachts machte die »Zaytouna« am Montag in Ajaccio auf Korsika fest. Das Segelschiff der Kampagne »Mujeres Rumbo a Gaza« (Frauen mit Kurs auf Gaza) sollte eigentlich zusammen mit seinem Schwesterschiff »Amal« schon am Sonntag einlaufen, doch die »Amal« musste wegen eines technischen Defekts in den Ausgangshafen nach Barcelona zurückkehren. Aber auch einen Tag später als geplant fand eine stundenlange Kundgebung im Hafen Ajaccios statt. Die Vereinigung Corsica Palestina hatte ein umfangreiches Kulturprogramm zusammengestellt. Während bei der zweiten Flottille nach Gaza 2011 mit der »Dignity« ein Schiff von Korsika aus mitgesegelt war, in der Absicht, die israelische Abriegelung zu durchbrechen und in den Hafen einzulaufen, der unter Kontrolle der terroristischen Hamas stand, bleibt es diesmal bei einer Unterstützung der »Zaytouna«. Das Schiff segelte bereits am Dienstag weiter zum Hafen von Messina auf Sizilien, wo ebenfalls eine große Veranstaltung zur Begrüßung des erhofften »Blockadebrechers« vorbereitet worden war.
»Mujeres Rumbo a Gaza« ist eine Initiative der »Freedom Flotilla Coalition« (FFC). Mitwirkende sind Organisationen aus den USA, Australien, Kanada, Griechenland, Italien, Norwegen, Südafrika, Schweden und Spanien. Auch die offen islamistische Internationale Humanitäre Hilfsorganisation (IHH) aus der Türkei ist dabei. Die IHH war federführend bei der ersten Gaza-Flottille. Als der von ihr gecharterte Frachter »Marvi Marmara« am 31. Mai 2010 von der israelischen Marine am Rande der von Israel gesperrten 30-Meilen-Zone gestoppt wurde und sich Soldaten aus Hubschraubern auf das Deck abseilten, wurden sie unter anderem mit Eisenstangen und Messern angegriffen. Sie verteidigten sich mit ihren Pistolen zur Eigensicherung, neun militante Islamisten wurden von Israelis erschossen. Durch geschickte PR-Arbeit der »Freedom Flotilla Coalition« wurde der Weltöffentlichkeit suggeriert, wehrlose Helfer, die den Kindern von Gaza Spielzeug bringen wollten, seien heimtückisch ermordet worden. Bis heute spricht die FFC davon, die Militanten der IHH seien »gewaltfreie« Menschenrechtler gewesen. So ist es nur folgerichtig, dass mit Çiğdem Topçuoğlu die Witwe eines der in der Türkei auch von der islamistischen AKP-Regierung als »Märtyrer« verehrten Toten der »Marvi Marmara« an Bord der »Zaytouna« mitfahren will.
Da die islamistische IHH der FFC als Teil der Zivilgesellschaft gilt, darf eine Forderung nicht fehlen: das »Ende der Besatzung, die seit 68 Jahren andauert«. Also seit der Gründung des Staates Israel 1948. Dass im nationalistischen Denken Frauen die Nation als vermeintliche Trägerinnen von Kultur und Überlieferung zu verkörpern haben, gilt auch in der antizionistischen Bewegung. »Mit der Entsendung eines exklusiv mit Frauen besetzten Schiffes wollen wir die enormen Leistungen anerkennen, die die palästinensischen Frauen im Kampf für die Befreiung ihres Volkes erbracht haben«, erklärt die FFC auf ihrer Internetseite.
In Spanien wird die »Gaza-Flottille« breit unterstützt, auch die antiisraelische Boykottbewegung BDS erfährt dort viel Zustimmung. So haben 51 Kommunen und Gebietskörperschaften sich dem Aufruf angeschlossen, jeden Austausch mit dem jüdischen Staat abzulehnen, weil dieser sich nicht an internationales Recht halte. Federführend beteiligt daran sind Abgeordnete alternativer Bürgerlisten, die sich an der Partei Podemos orientieren, sowie der Vereinigten Linken (IU). Die Bürgermeisterin von Barcelona, Ada Colau, ließ es sich nicht nehmen, persönlich im Hafen von Barceloneta am Dock Bosch i Alsina eine Rede zu halten, in der sie der Flottille viel Erfolg wünschte. Ihr Stellvertreter Gerardo Pisarello verfasste einen langen Brief an den israelischen Botschafter, in dem er Israel aufforderte, »die Unterstützung von Barcelona zu respektieren, damit die Initiative ihr Ziel erreicht«, um die »Solidarität zwischen den Völkern zu stärken, den Respekt und Schutz der Menschenrechte und des internationalen Rechts«. Im Rahmen des zweitägigen Programms zum Aufbruch der Flottille traten auch viele Kulturschaffende auf, die dies als Akt linker Solidarität verstanden.
An Bord der »Zaytouna« reisen neben der weiblichen Crew ausgewählte Frauen aus derzeit neun Ländern und fünf Kontinenten mit, darunter Malin Björk, die für die schwedische Linkspartei im Europaparlament sitzt; Rosana Pastor, eine Abgeordnete von Podemos im spanischen Parlament; Jaldía Abubakra, Mitglied der IU sowie in der spanischen BDS-Bewegung aktiv; Marama Davidson, eine Abgeordnete der Grünen Partei Neuseelands; die US-Schriftstellerin Naomi Wallace; die norwegische Sportprofessorin Gerd von der Lippe; Marilyn Porter, emeritierte Professorin für Soziologie aus Kanada; sowie Zohar Chamberlain, die von Israel nach Spanien auswanderte und der Jungen Welt sagte: »Wir Juden sollten uns immer wieder daran erinnern, was unser Volk erlitten hat, um zu verhindern, dass wir je selber anderen etwas Ähnliches antun.«
In dem Text »Making Palestinian women visible« behauptete die Kampagne »Mujeres Rumbo a Gaza« im April dieses Jahres, dass die Hamas im Gegensatz zur PLO nach den Verträgen von Oslo am »Volkswiderstand« festgehalten habe, und erklärte: »Wir haben – obwohl viele es nur ungern zugeben – zu akzeptieren, dass die Palästinenser selbst zu entscheiden haben, ob sie ihre Sache mit Gewalt oder gewaltfrei betreiben.« Auch wenn sich die Frauen mit Kurs auf Gaza und die FFC immer wieder selbst als gewaltfrei und regierungsunabhängig darstellen, erfolgte nirgends eine Abgrenzung zum Terror der islamistischen Hamas gegen die israelische Bevölkerung sowie die nicht­islamistische Bevölkerung im Gaza-Streifen, ebenso wenig eine Anerkennung der israelischen Opfer palästinensischen Terrors.
Seit die Gaza-Flottille am 14. September in Barcelona lossegelte, kam es durch palästinensische Angreifer zu sieben Attacken mit Messern auf Israelis. Am selben Tag, an dem die Flottille in See stach, wurde Israel wieder einmal aus dem Gaza-Streifen mit einer Rakete beschossen, die in Eshkol zum Glück auf unbewohntem Gebiet niederging. Auch von Syrien aus wurden Raketen abgefeuert. Am 9. September lief zum zweiten Mal seit Juli diesen Jahres ein mit 10 000 Tonnen Spendengütern für Gaza beladenes Schiff aus der Türkei im israelischen Hafen Aschdod an. Nach einer Überprüfung, ob sich Waffen für die Hamas unter der Ladung befanden, konnten die Güter gelöscht und in den Gaza-Streifen gebracht werden. Die Organisatoren der Gaza-Flottille erwähnen diese Möglichkeit der legalen Einfuhr über Israel in ihrer Propaganda nicht.