Korruptionsskandal um Südafrikas Präsidenten Jakob Zuma

Das Ende der Fahnenstange

Nach der Veröffentlichung eines Berichts über Korruption dürften die Tage Jakob Zumas als Präsident Südafrikas gezählt sein.

Es war bislang kein gutes Jahr für Südafrikas Präsidenten Jacob Zuma. Im Dezember 2015 hatte er überraschend den Finanzminister durch einen Hinterbänkler seines Vertrauens ersetzt; der südafrikanische Rand verlor daraufhin so viel an Wert, dass nach nur vier Tagen ein anderer Kandidat das Amt übernahm. Als Reaktion fand sich im Januar Südafrikas sonst nicht eben demonstrationsfreudige Mittelschicht zu einer Protestbewegung zusammen und forderte Zumas Rücktritt. Im März stellte dann das Verfassungsgericht fest, dass die umfangreichen Umbauten an Zumas Privatanwesen – darunter ein Amphitheater, ein Hühnerstall und ein als Löschteich deklarierter Swimmingpool – nicht, wie ursprünglich behauptet, sicherheitsrelevant waren, so dass der Präsident eine stattliche Summe zurückerstatten musste. Im August hatte der regierende ANC eine Niederlage bei den Kommunalwahlwahlen eingesteckt und unter anderem die Mehrheit in der ökonomisch wichtigsten Stadt Johannesburg verloren. Und nun setzte sich auch noch nach wochenlangem Rechtsstreit die ehemalige Antikorruptionsbeauftragte Thuli ­Madonsela durch. Ihr für den ANC und insbesondere den Präsidenten vernichtender Bericht über weitreichende Korruption konnte veröffentlicht werden. Das dürfte Zuma, dessen Amtszeit von vielen Skandalen geprägt war, endgültig seinen Posten kosten und könnte ihn sogar ins Gefängnis bringen.
Schon bevor er 2009 sein Amt antrat, gab es 783 Anklagen gegen ihn, unter anderem wegen Korruption und Steuerhinterziehung, die damals unter fragwürdigen Umständen fallen gelassen, nun aber wiederaufgenommen wurden. In Madonselas Bericht geht es jedoch insbesondere um seine Verbindungen zur befreundeten indisch-südafrikanischen Unternehmerfamilie Gupta. Diese nahm Einfluss auf das Regierungshandeln und war offenbar ­sogar in die Vergabe von Kabinettsposten involviert: Im Rahmen eines Treffens auf dem Anwesen der Guptas war im vergangenen Dezember einem ANC-Politiker der Posten des Finanzministers angeboten worden, ohne dass auch nur ein Mitglied des Kabinetts zugegen gewesen wäre. Darüber hinaus wurden Unternehmen aus dem Konglomerat der Guptas offenbar bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bevorzugt. So bezieht etwa der staatliche Energieversorger Eskom Kohle zu stark überhöhten Preisen von einer Gupta-Tochterfirma. Und auch am sehr umstrittenen Bau eines neuen Atomkraftwerks sind die Guptas beteiligt: Das Uran soll aus ihren Minen bezogen werden. Neben dem Bergbau- und Energiesektor haben die Guptas Einfluss auf den öffentlichen Rundfunksender SABC und die angeschlagene staatliche Flug­linie South African Airways, auch die ANC-nahe Zeitung The New Age erscheint in einem Verlag der Guptas.
Das genaue Ausmaß der Einflussnahme der Unternehmerfamilie ist noch nicht geklärt, aber gemäß Madonselas Empfehlung muss nun innerhalb von 30 Tagen eine Untersuchungskommission einberufen werden, die in sechs Monaten Ergebnisse vorlegen soll. Als Reaktion auf die Veröffentlichung des Berichts gab es am Mittwoch vergangener Woche unter Führung der linksnationalistischen Economic Freedom Fighters einen Protestmarsch durch Pretoria, auf dem Zumas Rücktritt gefordert wurde.
Offenbar gilt es mittlerweile auch in ANC-Kreisen als ausgemachte Sache, dass Zumas Tage als Präsident gezählt sind. Wer nicht mit ihm untergehen will, demonstriert Distanz. So wendeten sich in den vergangenen Monaten mehr und mehr prominente Parteiangehörige mit Rücktrittsforderungen an die Öffentlichkeit, darunter auch der stellvertretende ANC-Präsident Cyril Ramaphosa, der wohl aussichtsreichste Kandidat für Zumas Nachfolge. Zuma hingegen gab sich am Samstag bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach Veröffentlichung des Berichts gelassen: Er habe keine Angst vor dem Gefängnis, schließlich sei er schon zu Apartheid-Zeiten wegen seiner Rolle im Befreiungskampf inhaftiert gewesen.