Ganz weit unten

Über die Oberstufe schreibe ich ja nicht so viel. Ich rede auch viel weniger über sie als über die Mittelstufe, wenn ich jemanden gefunden habe, der sich meine Schulgeschichten anhören möchte oder gerade nicht fliehen kann, weil ich zum Beispiel die Kellertür abgeschlossen und den Schlüssel versteckt habe. Ich bin mir nicht sicher, woran das liegt, das mit der Oberstufe. Natürlich sind die Oberstufenschüler und -schülerinnen nicht mehr so süß wie die Kleinen, aber andererseits rede und schreibe ich ja gar nicht immer nur davon, wie süß die Kleinen sind, und dann wiederum ist ja auch die Berliner Oberstufe noch ganz schön süß, wenn man sie mit dem bundesdeutschen Durchschnitt vergleicht. Aber die Oberstufler sind halt schon fast erwachsen und näher an mir dran, zwar immer noch sehr, sehr weit weg, aber nicht mehr so weit wie die Mittelstufe. Man könnte das vielleicht mit der Entfernung zwischen Berlin und Darwin beziehungsweise Melbourne in Australien vergleichen, wobei ich bei diesem Vergleich selbstverständlich Berlin bin und die Oberstufe Darwin, weil das im Norden Australiens liegt, die Mittelstufe ist dann Melbourne, irgendwo da ganz unten, wo nichts mehr einen Sinn ergibt und die Menschen auf dem Kopf laufen. Darwin ist immer noch sehr weit weg von mir, aber eben näher als Melbourne, denn Australien ist ja ziemlich groß.
Wenn Sie, um das nachzuvollziehen, kurz eine Karte Australiens ansehen wollen, machen Sie das ruhig, ich musste das auch tun. Oft jedenfalls wirken Dinge, die in Darwin passieren, ernster und weniger lustig auf mich, als wenn sie in Melbourne passieren würden, wo man sich ja einreden kann, dass sich das schon noch einrenken wird, irgendwo auf dem Weg nach Darwin. Würde mir zum Beispiel, was noch nie passiert ist, eine 13jährige erzählen, dass sie Jungs doof findet und deswegen nie heiraten will und sich stattdessen ein Pferd kaufen und eine gute Zeit mit ihren Freundinnen haben möchte, würde ich vermutlich denken: Melbourne halt wieder. Erzählt dagegen, wie mittlerweile schon öfter geschehen, eine junge Dame aus der Oberstufe mir ungefähr dasselbe in anderen Worten – das Eheleben sei zu anstrengend, Männer seien sehr schwierig, es sei besser, sich ein nettes Haustier anzuschaffen und Liebesbeziehungen seien sowieso vollkommen überbewertet, es gebe ja Freundinnen, mit denen könne man auch reden –, fragt man oder Berlin – also ich – sich gleich, warum es da offenbar überhaupt keinen Sex gibt in Darwin, oder ob das halt so Sex ist, den man Berlin gegenüber nicht mal andeuten kann, weil Berlin vielleicht ein Problem damit hat oder das gleich weitertratscht an andere Städte. Im Keller zum Beispiel, wo die anderen Städte nicht weglaufen können. Ich bleibe auf jeden Fall dran, demnächst mehr aus Darwin!