Die Konferenz des Magazins "Compact" in Berlin

Tagung der Jammerrechten

Vergangenen Samstag fand in Berlin zum fünften Mal eine Konferenz des Magazins »Compact« statt – diesmal unter dem Motto »Offensive zur Rettung der Meinungsfreiheit«.

Eigentlich sollte die Konferenz das Thema »Für ein Europa der Vaterländer – Gegen Islamisierung und Fremdherrschaft« behandeln und bereits Ende Oktober in Köln stattfinden. Doch nachdem Antifaschisten die Kölner Sartory-Säle über die politischen Ansichten, die im neurechten Magazin Compact vertreten werden, informiert hatten, kündigten die Betreiber den Mietvertrag. Stattdessen fand dort ein Benefizfestival unter dem Titel »Kein Raum für Rassismus« des Kölner Bündnisses gegen rechts statt.
Chefredakteur Jürgen Elsässer sah die Gelegenheit, sich als Opfer zu inszenieren, änderte das Thema der Konferenz und mietete einen neuen Veranstaltungsraum im Berliner Hotel Halong. In der Eröffnungsrede der Konferenz pries er das Hotel für die »Courage«, die Veranstaltung in den Räumlichkeiten stattfinden zu lassen. Dies sei bemerkenswert, denn das Hotel gehöre der Botschaft Vietnams, so Elsässer. Dies bedeute, dass das »sozialistische« Vietnam »Standpunkten, die anderswo in der Republik verfolgt werden«, ein Refugium gewähre. Der Kampfgeist von Ho Chi Minh – dessen Büste im Hotel steht –, der sich gegen die französischen und US-amerikanischen Imperialisten zur Wehr gesetzt habe, setze sich damit fort. Elsässer sah darin die Bestätigung dafür, dass »diese ganze Links-rechts-Sache« ins 19. Jahrhundert gehöre: »Es geht doch nicht mehr um links gegen rechts, sondern es geht wie im Mittelalter: Die Eliten gegen das Volk.« So gehe es auch heutzutage wieder darum, dass »Vertreter des Volkes« einen Kampf gegen die »Geldsäcke und die Adligen, die transnational die Völker verschachern«, führen müssten.
Als »Vertreter des Volkes« hat Compact bekannte Personen der deutschsprachigen Neuen Rechten auserkoren. Neben Elsässer selbst traten André Poggenburg, der Landes- und Fraktionsvorsitzende der AfD Sachsen-Anhalt, der rechtspopulistische Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider, der Schweizer SVP-Politiker Oskar Freysinger, Martin Sellner, der Anführer der Identitären Bewegung (IB) Österreichs, sowie Lutz Bachmann, der Gründer von Pegida, auf. Alle beklagten einen Mangel an Meinungsfreiheit. Poggenburg stellte die AfD als Opfer da: Ihre Büros, Autos und Abgeordneten würden von Linksextremen angegriffen, während Regierungsvertreter – etwa Winfried Kretschmann von den »linksradikalen Grünen« – der Partei unterstelle, sie stünde nicht auf dem Boden des Grundgesetzes, um sie zu delegitimieren. Außerdem sei da noch »diese Kahane-Struktur« – gemeint ist die Amadeu-Antonio-Stiftung –, die sich als Zensurbehörde im Internet aufspiele, so Poggenburg. Der Druck sei mittlerweile so hoch, dass die Mitglieder sich davor fürchteten, an Demonstrationen der Partei teilzunehmen.
Sellner äußerte sich ähnlich und ­redete gar von einer »Sprache der Vernichtung«, mit der die Rechte ausgelöscht werden solle. »Dieser Staat ist Wachs in den Händen einer ideologischen, nie gewählten, antidemokratischen und volksfeindlichen Meinungselite geworden«, sagte Sellner. Diese habe einen »geistigen Gulag« geschaffen, der den Raum des Sagbaren reduziere. Bachmann beschwerte sich, dass Pegida-Demonstranten als »Pack«, »Hetzer«, »Nazis in Nadelstreifen«, »Pöbler« und »gefährliche Subjekte« bezeichnet würden. Kein Redner schien es bemerkenswert zu finden, dass er in dem Moment die Meinung frei äußern konnte, seine Meinungsfreiheit werde eingeschränkt.
Die Referenten machten also das, was sie am besten können: sich als Opfer gerieren. Das schweißt zusammen. Ständig beschworen sie den Zusammenhalt der Opfer eines »sanften Totalitarismus«, der von der »Lügenpresse«, den etablierten Parteien, der »Merkel-Jugend« – gemeint ist die Antifa – sowie »den Eliten« gegen alle praktiziert werde, die sich trauten, ihre Meinung zu sagen. Dass ihre Äußerungen auch einmal zu einer Verurteilung wegen Volksverhetzung wie im Fall von Lutz Bachmann oder einem noch laufenden Verfahren wegen des gleichen Vorwurfs wie im Fall von Martin Sellner führen, ist für die versammelten Rechten eine Bestätigung ihrer Behauptungen – und etwas, was sie als Auszeichnung begreifen. Dadurch zeige sich das wahre Gesicht des Staates und seiner Eliten.
Obwohl es zwischen AfD und Pegida immer wieder Abgrenzungsversuche gibt, waren ihre Vertreter auf der Konferenz in trauter Einigkeit und gemeinsamem Opfertum verbunden. Bachmann beschwor die Einheit der Neuen Rechten: Es brauche den parlamentarischen Arm, die AfD beziehungsweise die FPÖ, den Druck von der Straße, also Pegida, und den aktionistischen Arm, also die Identitären, um etwas im Land bewegen zu können. Compact habe es geschafft, der Neuen Rechten ein gemeinsames Dach zu geben, lobte Bachmann. Ihm habe es viel zu lange gedauert, bis Pegida den Weg zur Compact-Konferenz gefunden habe. Am Ende des Tages freute sich Elsässer: »Wir sind gut vernetzt in den verschiedenen Strömungen des Widerstands – egal ob IB oder Pegida oder AfD oder Compact: Wir habe eine gewisse Einheit gefunden.« Er sei daher optimistisch, dass »unser Volk wieder in die Offensive kommt«.
Doch an dieser Einheit fehlt etwas. So sehr Elsässer sich bemüht, den Links-rechts-Gegensatz zu verwischen, auf alte linke Ideale wie den Antiimperialismus hinzu­weisen und auch auf der Konferenz die »wenigen ehrlichen Linken« im Umfeld von Sahra Wagenknecht zu loben: Auf der diesjährigen Compact-Konferenz fanden sich keine linken Redner. Zu vorangegangenen Konferenzen hatte Elsässer auch prominente Personen wie beispielsweise das SPD-Urgestein Egon Bahr gewinnen können. Elsässer scheint sich zurzeit stärker auf die Einheit der Neuen Rechten als auf Bündnispolitik zwischen Linken und Rechten im Sinne einer Querfront zu konzentrieren.
Ein Sprecher der North East Antifa (NEA) sagte der Jungle World, es sei vor allem der »Vernetzungsaspekt«, der die Konferenz so bedeutend und gefährlich mache. Dem Aufruf der antifaschistischen Gruppe folgten etwa 70 Personen zum Hotel Halong, die die Konferenzteilnehmer am Haupteingang mit Mittelfingern und Sprechchören in Empfang nahmen. Auf einem Schild, das die Antifaschisten hochhielten, stand schlicht: »Lügenpresse!« Selten hat dieser Slogan so gut gepasst. Die meisten Teilnehmer der Konferenz betraten das Gebäude jedoch über einen anderen Eingang. So wurde auch kein Kongressteilnehmer Opfer der als »rote SA« bezeichneten Antifa.