Abitur und andere Märchen

Im Walde

Klassenkampf Von

Vor einem großen Walde wohnte ein ­armer Holzhacker, der hatte nichts zu beißen und zu brechen und kaum das tägliche Brod für seine Frau und seine zwei Kinder, Hänsel und Gretel. Wie er abends vor Sorge sich im Bett herumwälzte, da sagte seine Frau zu ihm: »Höre, Mann, morgen früh nimm die beiden Kinder, gieb jedem noch ein Stückchen Brod, dann führ sie hinaus in den Wald, mitten inne, wo er am dicksten ist, da machen sie dann das Abitur, wir können sie nicht länger ernähren.« »Nein, Frau«, ­sagte der Mann, »das kann ich nicht über mein Herz bringen, meine eigenen lieben Kinder zu den wilden Thieren zu führen.« Aber seine Frau sprach: »Mann, die Aufgabe muss so erstellt werden, dass mit etwa der Hälfte der erwarteten Leistung die Note ausreichend erreicht werden kann, auch müssen die Anforderungen den Rahmenlehrplänen und den von der Kultusministerkonferenz der Länder vereinbarten Bildungsstandards und bei der Abiturprüfung den Einheitlichen Prüfungsanforderungen entsprechen«, und ließ ihm keine Ruhe, bis er ja sagte.

Morgens früh, ehe die Sonne noch aufgegangen war, kam die Mutter und weckte Hänsel und Gretel: »Steht auf, ihr Kinder, wir wollen in den Wald gehen, da habt ihr jedes ein Stücklein Brod, nun müsst ihr Kompetenzen in den Bereichen Leseverstehen, Schreiben, Sprachmittlung sowie interkulturelle Kommunikation, Text- und Medienkompetenz und Sprachbewusstheit nachweisen. Doch grämt euch nicht, die Prüfungsaufgaben beziehen sich auf die in mehreren Kurshalbjahren erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten.« Gretel nahm das Brod unter die Schürze, dann machten sie sich auf den Weg in den Wald hinein. Da aber erfuhren die beiden, dass sich die schriftlichen Prüfungen grundsätzlich auf alle geforderten Kompetenzen und Inhalte der Rahmenlehrpläne beziehen können und auch nach ihrer Prüfungsfähigkeit wurden sie befragt und Nummer 9 Absatz 1 Satz 2 galt entsprechend, ganz so, wie es der König vorgesehen hatte. Überhaupt hatte alles seine rechte Ordnung und für die schriftlichen Prüfungsarbeiten im Leistungsfach galten die in der Anlage 5 b aufgeführten Bearbeitungszeiten.

Nun begab es sich aber, dass eine ungenügende sprachliche oder inhaltliche Leistung eine Note des ­jeweiligen Prüfungsteils von mehr als drei Punkten ausschloss und im Teilbereich »Inhalt« die Leistung insbesondere dann mit null Punkten zu bewerten war, wenn sich die Ausführungen des Prüflings nicht auf die Aufgabenstellung beziehen. Da weinten Hänsel und Gretel sehr, gingen schnell fort und fanden den Weg nach Haus. Der Vater freute sich, als er sie wiedersah, denn er hatte keinen vergnügten Tag gehabt, während seine Kinder fort gewesen waren, die böse Mutter aber war gestorben. Im Übrigen galten die ­Bestimmungen der Nummer 10 Absatz 3.


Frei nach den Gebrüdern Grimm und der AV Prüfungen des Landes Berlin.