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Staubtrocken wie die Wüste

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»KPBill My Baby Tonight«: Mit dieser Mordballade eröffnen L. A. Witch ihr soeben erschienenes Debütalbum, dessen Songs die kalifornische Frauenband in einem Studio in Costa Mesa aufgenommen hat. Der Opener orientiert sich musikalisch an der Tradition des desert rock, reduzierte, staubtrockene Gitarrenakkorde verbünden sich mit einem ebenso verhaltenem wie verhallten Gesang. Beides stammt von Sade Sanchez, die damit zusammen mit ihren Kolleginnen Irita Pai und Ellie English die Grundstimmung des Albums setzt: Es ist die der Mojave-Wüste, in der die Hitze nur langsame Bewegungen zulässt und melancholischer Gleichmut den Daseinszustand darstellt, der sich am ehesten mit der Wasserknappheit verträgt. Entsprechend gelassen und doch geschmeidig bewegen sich L. A. Witch durch den Großteil des Albums. Selten gibt es wilde Ausbrüche, dafür ein ebenso ungezähmtes wie magisches Klirren; auch das Schlagzeug verzichtet häufig auf das punkübliche Stakkato und passt sich den Bedingungen der Wüste an.

Die Band kann aber auch anders: »Drive Your Car«, das bereits auf einer limitierten Single erschienen ist, wirkt deutlich hektischer. In dem Song geht es um das Machtgefühl, das einen beim Steuern eines Autos überkommen kann. Seit die Band vor drei Jahren diese Single veröffentlicht hat, ist sie unentwegt auf Tour und so klingt auch ihre Musik: nach Straße und Freiheit. Dazu passt die lässige Attitüde des Tracks »Baby in Blue Jeans« mit seinem psychedelischen Gesang und seinem sixtiestypischem jangly Gitarrensound.
L. A. Witch sind keine gefällige Fun-Punk Band, wie es sie gerade in L. A. häufig gibt. Trotzdem nehmen sie sich selbst nicht überernst und gönnen ihrem Sound den Charme des Bubblegum-Pop – ganz unprätentiös. Sanchez und English machen seit zehn Jahren täglich zusammen Musik, doch sie schrieben ihre Songs nie explizit für ein zu veröffentlichendes Album. Glücklicherweise ist nun doch endlich eines erschienen.

L.A. Witch: L.A. Witch (Suicide Squeeze Records)