Small Talk mit Ronny Sommer vom »Peng!«-Kollektiv über eine Aktion gegen schikanöse Vermieter

»Wir wollen die Eigentümer ansprechen«

Das Berliner Künstlerkollektiv »Peng!« hat vergangene Woche mit »Haunted Landlord« seine jüngste Aktion begonnen. Es hat Erzählungen von Mietern gesammelt, die von ihren Vermietern schikaniert oder »entmietet« wurden und sie von Schauspielern nachsprechen lassen. Seit vergangener Woche ruft ein eigens programmierter Bot zu verschiedenen Tages- und Nachtzeiten immer wieder bei Hauseigentümern und Immobilienfirmen an, um ihnen die Nachrichten vorzuspielen und sie mit den Erlebnissen der Mieter zu konfrontieren. Ronny Sommer vom »Peng!«-Kollektiv hat mit der »Jungle World« gesprochen.
Small Talk Von

STWas ist den Mietern widerfahren, die sich bei Ihnen melden?
Da gibt es die skurrilsten Geschichten. In einer WG wurde die Badewanne ausgebaut, weil sie anfing zu rosten. Es dauerte fast ein ganzes Jahr, bis den Mietern eine neue zur Verfügung gestellt wurde. So lange mussten sie jeden Morgen bei den Nachbarn klingeln, um dort zu duschen. In einem anderen Fall installierte der Hausbesitzer eine Videokamera im Hausflur. Dies begründete er damit, dass er wissen wolle, wer im Haus ein- und ausgehe, um so unerlaubte Untervermietung zu verhindern. Dieses Vorgehen konnte erst durch ­einen gerichtlichen Beschluss gestoppt werden. Auch wurde wenige Tage vor Weihnachten eine Kündigung unter der Türe hindurch­geschoben. Sie wurde mit Eigenbedarf begründet. Wenige Monate später fand sich die Wohnung auf einer Immobilien-Website zum doppelten Mietpreis wieder.

Haben die angerufenen Firmen und Vermieter auf Ihre Aktion reagiert?
Bislang hat sich erst ein Hausbesitzer gemeldet. Er wollte einer ­Anschuldigung widersprechen. In seinem Haus gab es jedoch noch zahlreiche andere Beschwerden. Da er nur Einwände gegen eine der Aussagen vorbrachte, scheinen sich die anderen bestätigt zu haben. Die Anrufe bei den Vermietern laufen weiter.

Einen neuen Mietvertrag werden die Betroffen wahrscheinlich nicht bekommen. Was erwarten Sie sich von ihrer Aktion?
Wir wollen den Betroffenen eine Stimme geben. Die meisten Vorkommnisse würden anders nicht an die Öffentlichkeit kommen. So lassen wir die Entmieteten nicht alleine mit ihrer Wut zurück. Außerdem können die Vermieter so auch mal die andere Seite sehen. Wir wollen das Machtverhältnis zwischen Mietern und Vermietern für eine kurze Zeit umdrehen. Die telefonische Belästigung, eigentlich auch eine gängige Methode, um Mieter zu nerven, soll dies symbolisieren. Plötzlich schreibt die Presse, plötzlich wird gefragt, ob unsere Mittel legitim seien. Genau diese Diskussion wollen wir. Wir vermitteln damit auch eine politische Forderung an den Gesetzgeber: Es muss eine »Mietpreisbremse« ohne Schlupflöcher geben.

Die Mietpreise in den Städten steigen weiter an und es ist zu wenig Wohnraum vorhanden. Kann man einen Angestellten ­einer Immobilienfirma für diese Probleme verantwortlich machen?
Wir wollen damit hauptsächlich die Eigentümer ansprechen. Weniger die Angestellten, sondern vielmehr die Chefs der Immobilien­firmen. Die haben auch rechtliche Vorgaben, an die sie sich zu halten haben. Die Wohnungsknappheit begünstigt natürlich die Mietsteigerungen. Dennoch sind es eben auch Einzelpersonen, die diese skrupellosen Maßnahmen ergreifen.
Diese Kritik ist ja auch eine moralische. Richtet sie sich an einzelne Personen?
Ja, denn sie scheuen ja aus Profitgier eben nicht davor zurück, ­Mieter zu drangsalieren. Auch weil sie wissen, dass sie bei Neuvermietung das Doppelte an Miete verlangen können. Diese Personen kann und sollte man als Akteure des Systems herausstellen.