Der iranische Ayatollah Mahmoud Hashemi Shahroudi war zu Gast in Deutschland

Zu Gast bei Freunden

Das Verhältnis Deutschlands zum Iran scheint ungetrübt. Trotz öffentlicher Kritik an der dortigen ­Repression traf Außenminister Sigmar Gabriel am Donnerstag voriger Woche seinen iranischen Amts­kollegen Javad Zarif zu Gesprächen in Brüssel. Am selben Tag reiste Ayatollah Mahmoud Hashemi Shahroudi von Hamburg zurück nach Teheran. Der enge Vertraute des »Revolutionsführers« Ali Khamenei war in einer Privatklinik in Hannover wegen eines Hirntumors operiert worden. Shahroudi leitete von 1999 bis 2009 als Oberster Richter die Justiz im Iran. Während seiner Amtszeit unterzeichnete er weit über 2 000 Todesurteile. Er galt als Befürworter von Strafen wie Auspeitschung und Amputation. Auch für Hinrichtungen von Jugendlichen ist er verantwortlich, etwa für die der 16jährigen Atefeh Sahaaleh. Sie wurde 2004 wegen Ehebruchs und »unkeuschen Verhaltens« zum Tode verurteilt und öffentlich an einem Kran erhängt. Unter Folter hatte sie zuvor ausgesagt, mehrfach vergewaltigt worden zu sein.

Shahroudi war am 21. Dezember mit Wissen des Auswärtigen Amts nach Deutschland eingereist und seitdem bei dem renommierten Neurochirurgen Madjid Samii in Behandlung. Öffentlich bekannt wurde Shahroudis Aufent­haltsort erst Anfang dieses Jahres. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete Volker Beck (Die Grünen) und mehrere Exiliraner stellten daraufhin Strafanzeige gegen den Ayatollah wegen Mordes und Verbrechen gegen die Menschheit. Die Generalstaatsanwaltschaft prüft noch, ob eine rechtliche Verfolgung möglich ist. Shah­roudi brach seine Behandlung aber frühzeitig ab und flüchtete zurück in den Iran. Ein Verfahren in

Deutschland konnte er umgehen. Wieder in Teheran angekommen, bedankte er sich bei der Landesregierung Niedersachsens und der Polizei. Er hob besonders deren gute Koordinierung während seines Aufenthalts in Deutschland hervor. Wer in der deutschen Bundesregierung von dem Aufenthalt wusste, ist bislang unklar. Sie schweigt seit Wochen zu diesem Fall. Die freundschaftliche Beziehung zum Mullah-Regime möchte sie wohl nicht aufs Spiel setzen.