Der Widerstand gegen die schwarz-blaue Regierung kommt nur langsam in Schwung

Harmloser Protest

Seite 2 – Die Skandale der FPÖ belasten die Regierung
Gastbeitrag Von

 

Der jüngste und größte Skandal ist, dass die Burschenschaft Germania, ­deren Mitglied und zeitweiliger Vizeobmann Udo Landbauer, der Spitzenkandidat der FPÖ für die niederösterreichischen Landtagswahlen, war, in ihren Liederbüchern ein übles antisemitisches, den Holocaust glorifizierendes Lied abgedruckt hat. Udo Landbauer wurde zur Belastung für seine Partei, die sich aber bis zur Wahl nicht dazu durchringen konnte, ihm die Ämter zu entziehen. Erst Ende vergangener Woche legte er alle politischen Ämter nieder – und wurde durch Gottfried Waldhäusl ersetzt, der durch ­Homophobie und Hetze gegen »abartige Kunst« auf sich aufmerksam gemacht hat.

 

Die Sozialdemokratie befindet sich ohnehin seit Jahren in einem Selbstfindungsprozess und ist in einen eher linksliberalen und einen rechten Flügel gespalten, in die Rolle als Opposition muss sie sich erst noch eingewöhnen.

 

Mittlerweile belasten die Skandale der FPÖ die Regierung. Kurz schweigt bislang, wohl weil er nicht recht weiß, was er tun soll. Er ist der FPÖ ausgeliefert. Versucht er, eine klare Abgrenzung vorzunehmen, gefährdet er seine Koalition. Tut er es nicht, ramponiert er sein Image. Mittlerweile beginnt auch in der ÖVP das Gerede.

Denn in der konservativen Volkspartei gibt es immer noch einen christdemokratisch orientierten Flügel, der mit dem rabiat ausländerfeindlichen Kurs nie wirklich einverstanden war und nur die Zähne zusammenbiss, weil Kurz mit ihm Erfolg hatte.

Bei den niederösterreichischen Landtagswahlen Ende Januar verteidigte die ÖVP zwar ihre absolute Mehrheit, aber die FPÖ bekam einen kleinen Dämpfer. Die Partei erhielt 14,9 Prozent der Stimmen. Verglichen mit den Umfragen, die die Partei schon von 22 Prozent (und Platz zwei) träumen ließen, ist das Resultat mager. Bei der Nationalratswahl hatte die FPÖ in dem Land noch 25 Prozent erreicht. Diesmal waren es also zehn Prozentpunkte weniger. All das reicht noch nicht aus, damit die Koalitionäre tatsächlich nervös werden – aber alles in allem ist es ein kurioser Fehlstart der Regierung.

Er gibt der Opposition die Möglichkeit, aus ihrem Schockzustand zu kommen. Die parlamentarische Opposition schwächelt aber noch. Die Sozialdemokratie befindet sich ohnehin seit Jahren in einem Selbstfindungsprozess und ist in einen eher linksliberalen und einen rechten Flügel gespalten, in die Rolle als Opposition muss sie sich erst noch eingewöhnen. Wie man die Botschaften der populistischen Rechten wirksam bekämpft, statt sich an sie anzupassen, weiß sie auch nicht recht. Die Grünen fallen aus, da sie aus dem Parlament geflogen sind. An ihrer statt schaffte eine kuriose Abspaltung, die »Liste Pilz«, den Einzug – die aber seit dem Wahltag vorallem mit sich selbst beschäftigt ist.

Freundlich formuliert: Die Opposition könnte stabiler sein. Dass sie langsam wieder an Statur gewinnt, liegt im Moment eher am desaströsen Start der Regierung selbst.

 

Robert Misik ist Journalist und Sachbuchautor. Er lebt und arbeitet in Wien. Am 25. Februar wird er im Rahmen der Jungle-World-Veranstaltung »Die braune Mitte« im Berliner Festsaal Kreuzberg mit Bernadette Schönangerer (Malmoe Zeitung), der Autonomen Antifa Wien und Jörn Schulz (Jungle World) über die Gegenwart und die Zukunft Österreichs unter der schwarz-blauen Regierung diskutieren.