Hamburg und Schleswig-Holstein haben die HSH Nordbank verkauft

Profit ist Privatsache

Erstmals wird mit der HSH Nordbank eine deutsche Landesbank ­privatisiert. Damit endet eines der skandalösesten Kapitel der ­staatlichen Krisenpolitik.

Die Argumentation ist bekannt: Entweder sind wirtschaftspolitische Beschlüsse von Regierungen wegen herrschender Sachzwänge alternativlos oder aber große Erfolge – meistens sogar beides. Nicht anders fiel die vermutlich letzte Regierungserklärung des Ersten Bürgermeisters Hamburgs, Olaf Scholz (SPD), aus, der mittlerweile designierter Bundesfinanzminister und stellvertretender Bundeskanzler ist. Als »sehr gutes Ergebnis« bezeichnete er den endlich geglückten Verkauf der Hamburgisch-Schleswig-Holsteinischen Nordbank (HSH Nordbank) durch die Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein an ein Investorenkonsortium. »Wir erzielen einen positiven Kaufpreis, ohne dass die Länder weitere Risiken aus dem Altgeschäft der Bank zurückbehalten. Das haben viele noch vor kurzer Zeit für völlig unmöglich gehalten«, heißt es in der Regierungserklärung. Scholz bezifferte diese vermiedenen Risiken, ohne sie genauer zu benennen oder dies gar zu erklären, auf bis zu 65 Milliarden Euro. Die Erleichterung, die »Skandalbank« (FAZ) endlich losgeworden zu sein, war ihm wie auch Daniel Günther (CDU), dem Ministerpräsidenten Schleswig-Holsteins, der das Geschäft als »wichtiges Etappenziel« bezeichnete, jedenfalls anzusehen. Dass die beiden Bundesländer, die bisher 94,9 Prozent der Anteile gehalten hatten, für ihre Landesbank lediglich etwa eine Milliarde Euro als Verkaufspreis erzielt hatten, war da schon nahezu unerheblich.

 

Die Rettung der HSH Nordbank kostete die öffentlichen Haushalte nach Schätzungen von Experten zwischen 14 und 15 Milliarden Euro.

 

Vor allem wurde die im Oktober 2015 von der EU-Kommission gesetzte Verkaufsfrist eingehalten. Die Kommission hatte eine Privatisierung bis spätestens Februar 2018 verlangt. Die Alternative wäre eine Abwicklung der Landesbank gewesen, die offensichtlich für die ­Politiker in Kiel und Hamburg nicht zur Debatte stand. Die Hauptkäufer sind die New Yorker Investmentgesellschaft Cerberus und der US-Investor J. Chris­topher Flowers, dem vorher schon 5,1 Prozent des Instituts gehört hatten. Sie übernehmen die meisten Anteile an der HSH Nordbank und werden künftig etwa 80 Prozent halten. Kleinere Teile gehen an die US-amerikanische Gesellschaft Golden Tree, an das Finanzunternehmen Centaurus Capital aus London und an die österreichische Bank Bawag, ein Tochterunternehmen von Cerberus. Über Einzelheiten, etwa zu Filialschließungen, Entlassungen und zum Umgang mit Versorgungsansprüchen, haben sich beide Seiten ­bisher nicht geäußert. Dass die beiden Landesparlamente, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) sowie die EU-Kommission dem ­Geschäft zustimmen werden, gilt als sicher.

Die Investoren dürften versuchen, die marode Bank möglichst effizient auszuschlachten. Welche Gewinne sie damit erzielen werden, ist schwer ab­zuschätzen. Denn die Geschichte der HSH Nordbank, die 2003 aus einer ­Fusion der Landesbanken Hamburgs und Schleswig-Holsteins entstand, ist ein einziges Fiasko. Ab 2005 war die Bank nicht nur auf dem Immobilienkreditmarkt tätig, sondern stieg vor ­allem zum weltweit größten Finanzier und Anteilseigner im Schiffbau auf. Dann kam die Wirtschaftskrise und es folgte eine Hiobsbotschaft nach der anderen. Als die HSH Nordbank 2008 die ersten Verluste machte und Wertberichtigungen in einer Höhe von über vier Milliarden Euro bekanntgeben musste, wurde der geplante Börsengang kurzerhand abgesagt. Die Bank musste mit immer mehr Geld aus den öffentlichen Haushalten versorgt werden. Im April 2009 steckten die beiden beteiligten Bundesländer zunächst drei Milliarden Euro in die Bank und übernahmen Garantien über bis zu zehn Milliarden Euro für zukünftige Verluste. Im Oktober 2015 schließlich durfte die Bank nochmals ausfallgefährdete Wertpapiere für etwa acht Milliarden Euro verkaufen, über drei Viertel der Summe landeten als Verluste wiederum in den Haushaltsbilanzen der beiden norddeutschen Bundesländer. Trotz einer Rückzahlung von drei Milliarden Euro kostete die Rettung der Bank die öffentlichen Haushalte nach nach Schätzungen von Experten zwischen 14 und 15 Milliarden Euro.

Hinzu kamen Skandale und Prozesse. »Die HSH Nordbank versinkt in einem Sumpf aus Lüge und Denunziation«, titelte der Spiegel im September 2010. Dies galt nicht nur für die Unternehmensleitung des damaligen Vorstandsvorsitzenden Dirk Jens Nonnenmacher. Dieser hatte nicht nur Rivalen aus dem Weg räumen wollen – mit Methoden, zu denen unter anderem das vorsätzliche Speichern kinderpornographischen Materials auf dem Computer des Vorsitzenden der US-Niederlassung der Bank gehörte –, sondern hatte auch versucht, die Weitergabe von Informationen über den Zustand der Bank zu verhindern (Jungle World 36/2010). Auch wenn im Jahr 2014 der gesamte Vorstand vom Vorwurf der Ausgliederung von Papieren aus den Bilanzen – das sogenannte Omega-55-Geschäft – freigesprochen wurde, so war der Ruf des Finanzinstituts doch völlig ruiniert.