Raucherecke - Auf der Leipziger Buchmesse

In der Naziecke

Raucherecke Von

Die Leipziger Buchmesse könnte ein netter Ort sein, an dem Verlage und Autoren ­versuchen, ihre neuen Bücher unter die Leute zu bringen und Cosplayer unter sich ausmachen, wer von den Hunderten Sailor Moons, Harley Quinns und Wonder Women die beste Performance abliefert. Nun ist es aber auch der Ort, an dem die Neue Rechte versucht, sich einen Platz in der sogenannten Mitte der Gesellschaft zu sichern. Die ­Organisatoren der Buchmesse sind dieses Mal so freundlich, die Stände des Verlags Antaios von Götz Kubitschek, von Jürgen Elsässers Compact und der NPD-Zeitung Deutsche Stimme in die gleiche Ecke von Halle 3 zu stecken. Besucher, die Jutebeutel mit dem Aufdruck »Verlage gegen rechts« mit sich führen, sprechen da von der »Naziecke«.

Kubitschek steht Samstagnachmittag an seinem Stand und rückt seine Hose zurecht. Er dürfte wissen, dass linke Demonstranten es ihm nicht einfach durchgehen lassen wollen, störungsfrei auf der zweitgrößten Buchmesse Deutschlands für seine völkische Ideologie zu werben. Je nervöser er wird, umso häufiger rückt er seine Hose zurecht.

Auf ein Zeichen geht es dann los. Etwa 100 Demonstranten vom Bündnis »Buchmesse gegen rechts« halten eine Kundgebung ab und kritisieren, dass rechtsextreme Verlage unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit hier für sich werben dürfen. Später kommt es zu Rangeleien. So bedrohen Anhänger der Identitären Bewegung eine Demonstrantin und schubsen sie herum. Ungefähr drei Stunden lang herrscht Anspannung, dann ist wieder Ruhe.

Als die Buchmesse am Samstag allmählich schließt, schreit jemand aus der Naziecke nochmals: »Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen!« Kubitschek hält derweil ein Schild in der Hand, auf dem steht: »Wer schreit, hat unrecht.« Es richtet sich eigentlich an diejenigen, die gegen ihn demonstrieren. Die Ironie bemerkt er in diesem Moment offensichtlich nicht.

Am Sonntag sitzt Elsässer mit Kubitschek auf einem Podium und sagt: »Aufgabe der oppositionellen Medien ist es, zum Sturz des ­Regimes beizutragen – und da gehen wir Schulter an Schulter.« Kubitschek widerspricht nicht. Die beiden scheinen sich zu verstehen. Nur einer darf nicht mitspielen: Udo Voigt, der ehemalige Vorsitzende der NPD. Der gilt beim Antaios-Verlag nämlich als echter Nazi – und von echten Nazis distanziert man sich im Hause Kubitschek irgendwie. Blöd für Voigt. Da hat er jahrzehntelang daran ­gearbeitet, den Deutschen wieder rechtsextremes Gedankengut näherzubringen und dann, wenn die Arbeit Früchte trägt, will die undankbare neue Generation von Rechtsextremen nichts mehr mit ihm zu tun haben. Dabei gibt er sich Mühe. »Zwischen unserer Partei und Kubitschek gibt es viele Schnittstellen«, sagt er. Doch keinen interessiert es.