US-Präsident Donald Trump kämpft um die Vorherrschaft in den Institutionen

Better call Rudy

US-Präsident Donald Trump wird sich nur im Amt halten können, wenn er den Kampf um die Institutionen gewinnt. Dafür hat er nun einen Experten angeworben.
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Bekannt wurde Rudy Giuliani, weil er als Bürgermeister von New York City in den neunziger Jahren der broken windows-Theorie folgte, der zufolge die Duldung geringfügiger Regelverstöße unweigerlich die Kriminalitätsrate steigere. In den achtziger Jahren hatte er als Staatsanwalt den Mafiaboss »Fat Tony« Salerno vor Gericht ­gebracht, und es ist unwahrscheinlich, dass er bei den Ermittlungen nicht auf den Namen Donald Trump stieß, dem Salerno Beton lieferte und eine Baubrigade unterbezahlter undokumentierter Migranten stellte. 2016 unterstützte Giuliani die Kandidatur Trumps, wurde dafür aber nicht mit einem Kabinettsposten belohnt. Dennoch gelang es Trump in der vergangenen Woche, Giuliani für sein Anwaltsteam zu gewinnen.

Der US-Präsident braucht weniger einen weiteren Anwalt als einen erfahrenen Politiker mit guten Verbindungen in der Republikanischen Partei und im Polizei- und Justizapparat. Mehreren seiner ehemaligen Mitarbeiter drohen hohe Haftstrafen, so dass Sonder­ermittler Robert Mueller keine Probleme haben dürfte, mindestens einen Kronzeugen zu finden. Überdies hat das Democratic National Committee (DNC) vorige Woche Zivilklage gegen Mitarbeiter Trumps, Russland und Wikileaks wegen des Hackerangriffs während des Wahlkampfs 2016 eingereicht. Deren Zusammenarbeit sei »ein beispielloser Akt des Verrats« gewesen, sagte der DNC-Vorsitzende Tom Perez. Es sei »die Kampagne eines Kandidaten für die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten im Bund mit einer feindlichen Macht«. Die Klage erhöht den juristischen Druck auf Trump.

Dass Russland versucht hat, die Präsidentschaftswahl zugunsten Trumps zu beeinflussen, haben die US-Sicherheitsbehörden in einer gemeinsamen Erklärung bereits im Januar 2017 festgestellt. Nach­gewiesen sind auch Verbindungen zwischen Mitarbeitern Trumps und regierungsnahen Russen, die belastendes Material über Hillary Clinton anboten. Die Frage ist allein, ob Trump der nützliche Idiot des russischen Präsidenten Wladimir Putin war oder mit ihm kooperiert hat. Auch die harmloseste Version, der zufolge übereifrige Helfer Trumps ohne dessen Wissen handelten und auf raffinierte russische Agenten hereinfielen, ist nicht gerade schmeichelhaft für den Präsidenten. Zahlreiche Indizien – von Trumps dubiosen Geschäftsverbindungen zu russischen Oligarchen bis zu seiner ­öffentlichen Aufforderung an Russland, mehr E-Mails Clintons zu veröffentlichen – sprechen jedoch dafür, dass Perez recht hat.

Die juristische Beweisführung ist etwas anderes als eine politische Schlussfolgerung. Mueller braucht daher Zeit, vielleicht zu viel Zeit. Denn der Kampf findet nun in den Institutionen statt. Dort stehen nicht Demokraten gegen Republikaner. Entscheidend ist das, was der von Trump gefeuerte ehemalige FBI-Direktor James Comey (bis 2016 Republikaner) als Titel seines jüngst erschienenen Buches gewählt hat: »A Higher Loyalty« – nicht zum Präsidenten, sondern zur Verfassung, dem Rechtsstaat und demokratischen Prinzipien.

Giuliani hat sich anders entschieden, vermutlich weil er, wie viele andere rechtskonservative Republikaner, Trumps Bestreben unterstützen will, die USA in eine »illiberale Demokratie« umzuwandeln. Kurz vor der Wahl brüstete er sich damit, er habe gewusst, dass das New Yorker FBI erneut Clintons E-Mails untersuchen wolle – die Bekanntmachung dieser Ermittlung, die längst bekannte Kopien betraf, schadete ihr erheblich. Ob Giuliani selbst Einfluss nahm, ist unklar. Er hat jedoch in der Vergangenheit die Politisierung von Polizei und Justiz über das in den USA übliche Maß ­hinaus betrieben und bietet sich nun als Ansprechpartner für die Trump-Loyalisten im Staatsapparat an.

Trumps Strategie dürfte eine Gegenoffensive sein: Sabotage der Ermittlungen gegen ihn, Klagen gegen Demokraten unter Berufung auf »alternative Fakten« aus Behördenquellen. Das Ziel ist nicht, die Vorwürfe gegen Trump glaubhaft zu widerlegen, sondern sie als lässliche Sünden in einer Welt erscheinen zu lassen, in der Politiker nun einmal Verbrecher sind und Hillary Clinton die schlimmste Verbrecherin von allen ist. Wäre Salerno noch am Leben, würde er sich wohl darüber ärgern, dass er Giuilani nicht rechtzeitig als Consigliere angeworben hat.