Die baskische Guerilla Eta will sich Anfang Mai auflösen

Volkstum schaffen ohne Waffen

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Bereits seit zwei Jahren diskutiert die Eta intern über zwei Positionspapiere der Leitung: »Baga« (Welle) zur Frage der Entwaffnung und »Biga« (Strahl) zur Selbstauflösung. David Pla Marín, der zusammen mit Iratxe Sorzabal nach Angaben der spanischen Polizei 2010 per Video den einseitigen Waffenstillstand verkündete – seitdem hat die Eta keine Anschläge mehr verübt –, erklärte vergangenes Jahr aus seiner Gefängniszelle in Frankreich, es werde eine ­intensive Debatte über die Selbstauflösung geführt;  an dieser sollten sich auch die 302 inhaftierten Etarrak beteiligen können. Die spanische Regierung hatte seit 2011 den Verfolgungsdruck auf die Eta erhöht und 2015 mit Pla und Sorzabal genau die Personen aus der Eta-Führung verhaften lassen, die den »bewaffneten Kampf« aufgeben wollten. Allerdings war die Einsicht unter den Etarrak bereits gefestigt, dass ihre Anschläge und Morde der breiten gesellschaftlichen Zustimmung für ein unabhängiges Baskenland nicht nützen – im Gegenteil.

Bereits im Februar 2018 hieß es in einer Erklärung der Eta: »Die politische Bewegung, die wir abertzale (in etwa: patriotische) Linke nennen, hat genügend Reife und Fähigkeit zu Kämpfen gezeigt, sie ist sehr viel effizienter, um sich den heutigen Herausforderungen zu stellen.« Im selben Monat erschien das Buch »Die Entwaffnung – der baskische Weg« von Iñaki Egaña und Pla, in dem die Herausgeber ausführlich den Weg zur Beendigung des »bewaffneten Kampfes« beschreiben. Fortan solle mit demokratischen Mitteln des zivilen Ungehorsams und unbewaffnet für ein unabhängiges Baskenland gestritten werden.

Die wahrscheinlich vorletzte Erklärung der Eta, die »Erklärung zum ver­ursachten Schaden«, gerichtet »an das baskische Volk«, wurde in den baskischsprachigen Zeitungen Gara und Berria am 20. April veröffentlicht. Die Eta schreibt, sie sei sich bewusst, dass »die baskische Gesellschaft weder Zynismus noch Heuchelei braucht und will«. Und: »Wir haben schweren Schaden angerichtet, der nicht ­be­hoben werden kann. Wir bitten diese Menschen und ihre Angehörigen um Vergebung.« Vom Ziel des Kampfes für einen eigenen baskischen Staat wolle man allerdings nicht abrücken. Die Eta betont, dass auch andere Leid verursacht haben, und kritisiert die staatliche Repression. Der grundlegende Konflikt sei, ob das Baskenland unabhängig werden oder Teil Spaniens bleiben sollte.

»Es ist möglich, Frieden und Freiheit im Baskenland dadurch zu schaffen, dass man eine politische Lösung für den Konflikt findet. Die Flammen von Gernika werden für immer erlöschen«, heißt es weiter in dem Schreiben. Im spanischen Guernica, Baskisch Gernika, flog während des Spanischen Bürgerkriegs 1937 die deutsche, mit Franco verbündete Legion Condor Luftangriffe, die die ganze Stadt zerstörten und Hunderte ihrer Einwohner töteten. Der Name der Stadt steht seither als ­Synonym für die Schrecken des Krieges.

Die spanische Regierung reagierte abweisend auf die Erklärung der Eta. Der Regierungssprecher Íñigo Méndez de Vigo sagte, er könne mit Sicherheit sagen, dass diese Regierung niemals »irgendein Gegengeschäft mit der Eta aushandeln werde«. Die ersten Gedanken der Regierung gälten den Opfern der Eta. Wenig später ergänzte der Innenminister Juan Ignacio Zoido, die ­Erzählung der Eta sei falsch, »alle Demokraten haben mithilfe der Sicherheitskräfte, der Hilfe der Richter und der internationalen Unterstützung die Eta besiegt«. Sie erlebe »die totale Nieder­lage: politisch, ökomomisch, sozial und international«.

Dass sie es ernst meint mit der Selbstauflösung, unterstrich die Eta am ­Donnerstag vergangener Woche. Nach einem anonymen Anruf bei der ­Polizei in Bayonne übergab sie der französischen Justiz vier weitere Kisten ­voller Handfeuerwaffen, Munition und gefälschter Autonummern­schilder.