In der Sahel-Zone kommt der EU-Militäreinsatz gegen Islamisten nicht voran

Neue Verbündete, alte Probleme

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Malische Kritiker warfen Frankreich deshalb immer wieder vor, durch die engen Beziehungen zum MNLA den ­Zentralstaat zu schwächen. Seit 2015 ­findet offiziell ein Friedensprozess zwischen dem MNLA und der CMA sowie dem Zentralstaat statt, Truppen der vormaligen Separatisten werden in Armee und Verwaltung eingebunden, zwei neue Regierungsbezirke im Norden geschaffen. Bislang gibt es jedoch nur wenig konkrete Ergebnisse.

Bei Kämpfen gegen Jihadisten im Raum Abakar nahe der Grenze zu ­Niger stützte die französische Armee sich seit dem 1. April erstmals nicht auf MNLA und CMA, sondern auf die mit ihnen verfeindete Miliz Gatia (Selbstverteidigungsgruppe der Imghad-Tuareg und Verbündete). Diese kämpfte bislang als loyalistische Truppe für den Verbleib im Zentralstaat. Die geringen militärischen Erfolge des MNLA bei der Bekämpfung jihadistischer Kräfte und die Effizienz, die der Gatia bei Kämpfen seit dem 17. Februar bewies, scheinen zu diesem Bündniswechsel beigetragen zu haben. Bis dahin hatte Frankreich sich geweigert, mit dem Gatia Gespräche zu führen.

Im Norden des kleineren Nachbarstaats Burkina Faso, an der Grenze zu Mali, hat sich unterdessen die Lage der Zivilbevölkerung dramatisch verschlechtert. Die Jihadisten töteten bei 80 Attentaten, die von 2015 bis Oktober 2017 gezählt wurden, in Burkina Faso insgesamt 133 Personen. Doch im Bezirk Soum, etwa 200 Kilometer nördlich der Hauptstadt Ouagadougou, fliehen die Menschen längst nicht mehr nur vor den jihadistischen Angriffen, sondern vor allem vor den ­Gewalttaten staatlicher Einsatzkräfte, die vorgeblich die Jihadisten bekämpfen. Insbesondere das GFAT, eine Antiterroreinheit, ist Gegenstand der Kritik.

25 000 Menschen flohen in den vergangenen Monaten aus dem Bezirk Soum, ungefähr 3 000 von ihnen ins Nachbarland Mali. Vor allem im ­Dezember kam es zu erheblichen Übergriffen von Soldaten gegen die Zivil­bevölkerung. Die zur Bekämpfung der Jihadisten entsandten Soldaten – oft schlecht ausgebildet und bezahlt – werfen den Zivilisten oftmals vor, den Feind zu unterstützen, weil diese nicht bereitwillig genug und nicht ausreichend Informationen lieferten. Eine interne E-Mail der Vereinten Nationen vom 5. Januar, die am vorigen Wochenende von der Pariser Abendzeitung Le Monde zitiert wurde, verzeichnete mindestens 70 Tote infolge solcher ­Attacken von Soldaten Ende Dezember 2017. Eine Delegation der UN soll die Vorwürfe in naher Zukunft an Ort und Stelle untersuchen.

Auch die internationale Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) begann eine Untersuchung und formuliert ähnliche Kritik. Ihre stellvertretende Direktorin für ­Afrika, Corinne Dufka, stellte fest: »Diese Übergriffe stellen nicht nur eine Verletzung nationalen und internationalen Rechts dar. Sie begünstigen zudem die Rekrutierung durch bewaffnete islamistische Gruppen, auch wenn diese ebenfalls ernsthafte Gewalttaten begingen.«

Tatsächlich nutzen die jihadistischen Gruppen die Übergriffe für ihre Propaganda bei der örtlichen Bevölkerung mit der Behauptung, sie bekämpften nur einen Feind, der auch den Einwohnern Schaden zufüge. So versammelten sie in Dörfern um die Stadt Djibo in Burkina Fasos Norden Einwohner und hielten moderat wirkende Ansprachen – statt, wie in früheren Fällen, von Tugendterror inspirierte Diktate zu verhängen. Die Probleme mit der örtlichen Staatsmacht sind also eher noch ­gravierender als im Bericht der französischen Senatoren dargestellt.