Die AfD hat auf ihrer Demonstration in Berlin ihre eigenen Erwartungen weit verfehlt

Blick in eine triste Zukunft

Die Zahl der Teilnehmer der Demonstration »Zukunft Deutschland« in Berlin blieb weit hinter den Erwartungen der AfD zurück. Einige Demonstranten trugen Kippa und Israel-Fahnen. Andere zogen es vor, Nazisymbole auf ihren T-Shirts zu präsentieren.

Es waren bei weitem nicht die 10 000 Teilnehmer, die sich die AfD für ihre Demonstration unter dem Motto »Zukunft Deutschland« erhofft hatte. Auf der anderthalb Kilometer langen Route vom Berliner Hauptbahnhof zum Brandenburger Tor waren die Anhänger der Partei umgeben von Gegendemonstranten, die gut zu hören und manchmal auch zu sehen waren. Die Polizei sprach von 5 000 Teilnehmern.

Ein Sammelsurium an Outfits, Parolen und Performances gab einen Einblick in die Gesinnung der Teilnehmer. Ein Mann hatte sein Schild mit einem Reimversuch beschriftet: »Ist nicht im sonnigen Afrika/genug Platz für alle Links-Grünen da?« Der AfD-Kreisverband Osterholz-Verden hatte ein großes Banner mitgebracht, auf dem er forderte: »Stoppt den Genozid an den Deutschen.«

Eine der wenigen Frauen auf der Demonstration hatte sich in eine Burka in den Farben Schwarz, Rot, Gold gehüllt und hielt ein Schild mit dem NPD-Spruch »Heute sind wir tolerant, morgen fremd im eigenen Land«. Die umstehenden Polizisten betonten, auf das Vermummungsverbot zu achten, ein Eingreifen sei aber nicht nötig, da sie wüssten, um wen es sich bei der Burka-Trägerin handele. Von Neonazis, Pegida-Anhängern sowie Mitgliedern der NPD und der Identitären Bewegung hatte sich die AfD vorab brav distanziert. Sie kamen trotzdem, woran sich letzlich niemand störte.

Ein Mann fasste die krude zusammengewürfelten Ansichten vieler AfD-Gefolgsleute in seinem Outfit zusammen. Über seinem Bauch wölbte sich ein weißes T-Shirt, auf dem der russische Präsident Wladimir Putin zu sehen war. Auf Russisch stand darauf geschrieben: »Der höflichste Mensch von allen.« Es handelt sich um eine Anspielung auf die russischen Truppen, die die Krim annektierten und bei Russland-Freunden als »höflich« gelten, weil sie dabei nicht schossen. Trotz der diplomatischen Differenzen zwischen beiden Ländern hatte sich der Mann zudem eine Deutschland-Flagge umgebunden. Neben dem Konterfei von Putin klebte ein Sticker mit der Aufschrift »Merkel muss weg«. Am Hals trug der Demonstrant eine Kette mit einem Davidstern, auf seinem Kopf eine Kippa, die allerdings etwas amateurhaft aufgesetzt war.

Etliche Teilnehmer der Veranstaltung trugen Kippa, Israel-Flaggen oder Halsketten mit Davidsternen. Ob das den Vorwürfen des Antisemitismus entgegenwirkt, die wiederholt gegen die Partei vorgebracht wurden, ist fraglich. Eher wirkten die Kostümierungen mit jüdischen und israelischen Symbolen scheinheilig etwa angesichts der Tatsache, dass der baden-württembergische Landtagsabgeordnete Wolfgang Gedeon, der Bücher über die »jüdische Weltverschwörung« schreibt und Holocaust-Leugner als »Dissidenten« bezeichnet, weiterhin Parteimitglied ist; angesichts eines Björn Höcke, der das Mahnmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin als »Denkmal der Schande« bezeichnet hat; angesichts der antisemitischen Verschwörungstheorien über den Investor George Soros, die in der Partei umgehen. Und nicht zuletzt wirkte der jüdische Anstrich grotesk, weil sich auch Neonazis an der AfD-Demonstration beteiligten, die bevorzugte Symbole ihres Milieus auf ihrer Kleidung trugen.

Weshalb Israel in der AfD beliebt ist, hatte der stellvertretende Bundesvorsitzende Georg Pazderski zu Jahresbeginn ausgeführt: »Wir sollten uns ein Beispiel an Israel nehmen, das mit Grenzsicherung und Zuwanderung jahrzehntelange Erfahrungen gemacht hat.« Das spricht Bände über das Israel-Bild der Partei; schließlich will die AfD sich wohl kaum an einem Staat orientieren, der in den vergangenen Jahrzehnten Einwanderer aus aller Welt zu sich holte, in dem ein großer Teil der Bevölkerung nicht weiß ist und in dem Arabisch eine Amtssprache ist.

Vor dem Brandenburger Tor schwenk­ten die AfD-Anhänger schwarz-rot-goldene Fahnen. Weil manche offenbar nicht zufrieden mit der Anzahl der Demonstranten waren, posteten sie Fotos von einem Fahnenmeer einer Fußball-Fanmeile vor dem Brandenburger Tor auf Twitter. Das fiel allerdings schnell auf, weil auf diesen Bildern auch zahlreiche Frauen zu sehen waren und nicht alle Abgebildeten schlechtgelaunt guckten.

Wind kam in dem Moment, als der AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen in seiner Rede forderte, die deutschen Grenzen zu schließen. Die Menge freute sich über die Aussage und darüber, dass ihre Flaggen so schön flatterten. Nach dem Ende der Veranstaltung machte Beatrix von Storch noch Selfies mit Fans und zeigte sich gutgelaunt, weil die Demonstration an ihrem Geburtstag stattfand.