Porträt - Der kalifornische Richter Aaron Persky wurde wegen seiner milden Urteile für Sexualstraftäter abgewählt

Im Namen des Volkes

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Santa Clara County hat gesprochen und das erste Mal seit 1932 einen Richter in Kalifornien seines Amtes erhoben. 59 Prozent der Wählerinnen und Wähler des Bezirks stimmten am Dienstag vergangener Woche für die Absetzung Aaron Perskys. Er war seit 2003 Richter am Superior Court of California in Santa Clara, zweimal wurde er seit seiner Ernennung wieder auf den Posten gewählt. Nach seinem Studium hatte er zunächst in einer privaten Kanzlei, später als Staatsanwalt gearbeitet. Der Grund für die Absetzung sind die milden Strafen des Richters für Sexualstraftäter. Anstoß erregte vor allem das Verfahren gegen Brock Turner. Der Stanford-Student und Sportler wurde 2016 wegen sexuellen Missbrauchs einer betrunkenen und bewusstlosen Studentin zu sechs Monaten Haft verurteilt. Die Strafe wurde nach der Hälfte ausgesetzt. Kritisiert wurde Persky nicht nur wegen des laschen Urteils, sondern auch wegen seiner Aussage, eine Gefängnisstrafe könne dem jungen Sportler schaden. Immer ­wieder wurde auf die Parallelen im Werdegang Turners und Perskys hingewiesen: Beide studierten in Stanford, Persky war dort Kopf des Lacrosse-Teams.

Der Fall erreichte eine breite Öffentlichkeit, nicht zuletzt durch eine Stellungnahme des als »Emily Doe« bekannten Opfers, die Doe nach der Urteilsverkündung verlesen hatte und die online weit verbreitet wurde. Bereits wenige Tage nach dem Urteil fand eine Petition, die die Absetzung Perskys forderte, über eine Million Unterschriften im Netz. Dass Turner, dem eine Höchststrafe von 14 Jahren drohte, eine ausgesprochen milde Strafe erhalten habe, sei Ergebnis seiner privilegierten gesellschaftlichen Position als Mitglied der »weißen Elite«, vor allem aber der Normalisierung und Bagatellisierung von sexueller Gewalt gegen Frauen, so die Kampagne. Lange vor #metoo wurde der Fall zu einem Kulminationspunkt von Diskussionen über die sogenannte rape culture. Verteidiger Perskys warnen vor ­einem gefährlichen Präzedenzfall, einer Bedrohung der unabhängigen Justiz. Richter und Richterinnen würden so genötigt, sich in ihren Urteilen der öffentlichen Meinung zu beugen, da sie sonst um ihre Posten fürchten müssten. Das allerdings geschieht in einem System, in dem auf Bezirksebene Posten durch Mandate der Wählerinnen und Wähler vergeben werden, ohnehin.