Die ökonomischen Beziehungen zwischen den USA und den übrigen G7-Staaten bleiben turbulent

Zoll um Zoll in den Handelskrieg

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Dennoch muss sich wohl vor allem die deutsche Regierung Sorgen ­machen, wenn sich diese Entwicklung fortsetzt. Denn kein anderes Land ­innerhalb der G7-Gruppe ist in einem so hohen Maße vom Export abhängig wie Deutschland. Allein im vergangenen Jahr wurden deutsche Waren im Wert von mehr als 111 Milliarden Euro in die Vereinigten Staaten ausgeführt, fast ein Zehntel der gesamten deutschen Exporte.

Insgesamt beträgt der Anteil der Exporte am Bruttoinlandsprodukt in Deutschland fast 48 Prozent – ein absurd hoher Wert verglichen mit den meisten anderen Industrieländern. In der Regel liegt deren Anteil zwischen 20 und 30 Prozent, in Japan bei 16 Prozent und in den USA mit ihrem immensen Binnenmarkt sogar nur bei knapp zwölf Prozent.

Entsprechend weist Deutschland mittlerweile einen Rekordüberschuss von fast 300 Milliarden Euro in seiner Leistungsbilanz auf. Diese Summe nimmt die restliche Welt faktisch an Krediten auf, um deutsche Waren zu kaufen. Ermöglicht wurden diese Exporterfolge durch eine einseitige Wirtschaftspolitik. Lange Zeit stiegen die Löhne in Deutschland weniger stark als in den meisten anderen Industrienationen. Das verschaffte den deutschen Unternehmen zwar große Wettbewerbsvorteile, führte aber auch zu einem schrumpfenden Binnenmarkt, wo der Anteil der Konsumausgaben seit Jahren rückläufig ist.

Hinzu kommt, dass die aggressive deutsche Exportstrategie in Europa mit einer rigiden Austeritätspolitik verbunden wurde. Gerade jenen Ländern, die sich hoch verschuldeten, wurde ein harter Sparkurs auferlegt – eine Konstellation, die Europa immer mehr auseinandertreibt. Auch zahlreiche euro­päische Regierungen kritisieren daher die deutsche Wirtschaftspolitik.

So wirkt es wenig überzeugend, wenn nun gerade aus Deutschland die Rufe nach mehr europäischer Geschlossenheit lauter werden. »Die Antwort auf ›America first‹ kann nur ›Europe united‹ lauten«, forderte die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles nach dem Gipfel. Bislang deutet allerdings wenig darauf hin, dass die deutsche Regierungskoalition ihren bisherigen Sparkurs für ­Europa ändern möchte. Kommt es nicht nur mit den USA, sondern auch innerhalb Europas zu ökonomischen Zerwürfnissen, ist es mit dem vielgepriesenen deutschen Modell schnell vorbei. Erste Anzeichen, dass sich die Exportquoten nicht ewig steigern lassen, gibt es bereits.

Vorerst gibt sich die Bundesregierung jedoch kämpferisch. »Wir lassen uns nicht ein ums andere Mal über den Tisch ziehen, sondern wir handeln dann auch«, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Sonntagabend in ­einer Talkshow. Ab Juli will die EU Vergeltungszölle auf US-Produkte verhängen. Unter anderem sollen die Abschläge für Whisky drastisch erhöht werden. Bourbon ist eines der wichtigsten Exportprodukte des US-Bundesstaats Kentucky, wo Trump bei den Präsidentschaftswahlen über 60 Prozent der Stimmen gewann. Außerdem sollen die Zölle für Jeans und Motorräder von Harley-Davidson angehoben werden.

Dass Trump sich davon beeindrucken lässt, darf allerdings bezweifelt werden. Er betreibt Handelspolitik nach Regeln des Gangster-Business. Gewinnen kann nur einer, und dafür sind alle Mittel recht. Freunde, Partner oder der »alte Westen« zählen dabei nichts mehr. Wer am Ende am längeren Hebel sitzt, Europa oder die USA, ist noch längst nicht ausgemacht.