Über das Leben der Spielerfrauen

Das Wort für Dumme

Frauen dürfen mittlerweile alles werden wollen – nur nicht Spielerfrauen, dann werden sie verhöhnt.

»Spielerfrauen haben immer blonde Haare«, sangen Basta. »Spielerfrauen brauchen literweise Schminke / Spielerfrauen machen immer winke, winke / Spielerfrauen wechseln sich oft aus / Spielerfrauen kratzen Spielerfrauenaugen aus.« Olli Schulz dich­tete: »Deine Eltern waren irritiert / dass Fußball dich so interessiert / Dein größter Wunsch zum HSV / als braungebrannte Spielerfrau.« Die deutsche Spielerfrauenlyrik ist ziemlich reichhaltig, auch Wolfgang Petry hat etwas beigesteuert: »Im nächsten Leben werd ich Spielerfrau-u-u-u / Ich steh am Spielfeldrand und seh gut aus / Dann geh ich teuer shoppen in ­Paris / Und ansonsten mach ich nix.«

Offenbar mag niemand Spielerfrauen. Mit einer Mischung aus Mitleid und Neid macht sich die Öffentlichkeit über das unverdient süße Nichtstun eines Dummchens an der Seite eines Millionärs lustig.

Die Spielerfrau ist der verbliebene Rest des Blondinenwitzes, dessen Klischees seine bekanntesten Protagonistinnen vorauseilend erfüllen. Über kaum eine Gruppe im Fußball lacht man so gern und gut. Inoffizielle Mannschaftskapitänin der deutschen Spielerfrauen ist Cathy Hummels, die Frau von Mats Hummels. Sie ist Bloggerin, Instagrammerin und »Influencerin«, Sinnbild inhaltsleerer und etwas ungeschickter Selbstvermarktung im Fußballgeschäft. Vielleicht wird sie auch nur von einer Schattenfirma für dieses Dasein bezahlt, damit die Zuschauer von »Bundesliga’s Next Topmodel« auf dem Bild-Channel über sie lachen können. Vielleicht ist sie eine Kunstfigur irgendeiner Satirikerin. Wahrscheinlich aber nicht.

In WM-Zeiten haben diese Spielerfrauenwitze Konjunktur. Ein Feuilletonist spottdrosselt, ein anderer verteidigt die Spielerfrau. Sie sei doch gar nicht so blöd, so oberflächlich, so alles andere. In einem Interview mit irgendeinem Magazin für »Fußballkultur« erklären einige Spielerfrauen sehr aufwendig selbst, dass sie ja gar nicht so dumm und naiv seien. Es ist eine sehr bizarre Diskussion. Sie sagt viel aus über das Bild der Frau im Fußball.

Der Frauentyp Victoria Beckham ist missliebig bei Menschen, die finden, jede müsse wie Pippi Langstrumpf sein.

Die Spielerfrau ist vergleichsweise neu in der Öffentlichkeit. Bis zur vollständigen Kommerzialisierung des Profifußballs in den Neunzigern saß sie zu Hause und hütete die Kinder. Doch dann hatte sie ihren Auftritt: Angela Häßler und Martina ­Effenberg nahmen beispielsweise hemdsärmelig am Geschäft teil, ­äußerten sich, traten in Erscheinung und manchmal auch naiv in Fettnäpfchen. Sie ernteten dafür eine Flut von frauenfeindlichem Hass und Hohn. Und Gerüchte: »Wo ist mein Zwerg?« soll Angela Häßler ­angeblich auf der Suche nach ihrem »Icke« gerufen haben.

Die Männerbranche Fußball fürchtete starke Spielerfrauen sehr – und tut es wahrscheinlich immer noch. Die Verdienstmöglichkeiten im ­Fußball haben jedoch die Voraussetzungen geändert. Spielerfrauen, die die Öffentlichkeit suchen, kommen heutzutage als Model oder Designerin daher. Sie lassen sich weniger leicht verdrängen. Und sie fordern finanzielle Partizipation am Fußball­geschäft. Die wurde ihnen gewährt – solange weiter gespottet werden darf.

Die Spielerfrauen sind ein selbstverständlicher Teil der Inszenierung. Sie sind sichtbar geworden – und brav. Cathy Hummels und die ehemalige Spielerfrau Lena Gercke ­erzählten den Frauenzeitschriften geschickt von ihrem Dasein als schöne, starke Frauen, in dem Wissen, was gefragt ist; unabhängig dank eigener Modekollektion. Das neue mediale Bild der Spielerfrau bleibt dabei bizarr selektiv. Es zeigt Lena Gercke, nicht Teresa Enke, die Witwe des Torhüters Robert Enke, der Selbstmord beging. Es lässt nur zu, was gesehen werden will.

Dabei hat die Spielerfrau etwas fast Metaphysisches. Denn sie ist ja ein Nullwesen. Es geht nicht um sie als Person. Niemand kennt sie, und ­eigentlich ist das auch gar nicht wichtig. Die Spielerfrau ist eine Projektionsfläche. In die Boulevardschlagzeilen schafft sie es bislang vor ­allem, wenn sie einmal was Dummes gesagt hat. Von progressiven Intellektuellen erntet sie genauso viel Häme, weil sie als staksender Antifeminismus gesehen wird: Püppchen und Hausmutti, die willenlos von Stadt zu Stadt zieht, sich teuer stylt, keinen Beruf hat, außer vielleicht ihr selbst kreiertes Parfum zu bewerben. Sie stört.