Über das Leben der Spielerfrauen

Das Wort für Dumme

Seite 2

Dem liegt ein seltsames Bild von Emanzipation zugrunde. Denn heißt Gleichberechtigung nicht, selbst zu entscheiden, wie viel Make-up man sich ins Gesicht schmiert, ob man Parfums kreiert oder eben nicht? Heißt Freiheit nicht, alles sein zu dürfen? Der Frauentyp Victoria ­­Beckham ist missliebig bei Menschen, die finden, jede müsse wie Pippi Lang­strumpf sein. Die Toleranten sind nur tolerant, wenn es gerade passt.

Für den großen Teil der Fußballgesellschaft, dem die Pippis fremd sind, steht die Spielerfrau für Altbewährtes. Hier geht es noch um Schuhe und Schminktipps, hier führen Frauen noch echte öffentliche ­Zickenkriege – Sylvie und Sabia um Rafael van der Vaart beispielsweise –, hier verwechseln sie ungelenk die Jahre, in denen Deutschland Weltmeister wurde (Cathy Hummels). Hier kann man sie blond und blöd nennen, solange man Spielerfrau sagt und nicht Frau.

Es ist unrealistisch, was manche von den Gefährtinnen der Fußballer einfordern: Spielerfrauen im Studentinnenalter sollen eine eigene Karriere haben; dann sollen sie noch besonders klug daherreden. Warum überhaupt sollen Spielerfrauen schlau sein müssen? Ihre Lebensabschnitts­gefährten sind es meistens ja auch nicht. Die Partnerinnen, die schlau sind, verzichten meist sowieso auf Medienauftritte. Sie wissen schon, warum.

Das Interessante an dieser Welt ist nicht die Art, wie sie funktioniert. Geld gegen Schönheit ist offenbar ein reizvoller Deal. Ob sich die schöne Izabel Goulart wohl für Kevin Trapp erwärmt hätte, wenn er nicht Torwart von Paris Saint-Germaine wäre, sondern Maschinenschlosser im Heimatort Merzig? Wahrscheinlich nicht. Aussagekräftig ist viel eher die Tatsache, dass diese Welt auf ab­sehbare Zeit nicht umgekehrt funktionieren wird. Nicht, dass das erstrebenswert wäre. Aber es gibt keinen Typus »Spie­ler­innenmann«. Es ist nicht relevant, wer es geschafft hat, mit Dszenifer Marozsán Tisch und Bett zu teilen, weil das finanziell und gesellschaftlich nicht reizt. Und ­Spielerfrau zu sein, bleibt für zahlreiche Frauen ein Aufstiegstraum, so sehr sich der Feminismus auch abstrampelt.

Eine frühere WG-Mitbewohnerin hatte mal eine Bekannte. Die verbrachte ihre Wochenenden damit, herauszufinden, in welchen Hotels und Clubs die hochklassigen Fußballmannschaften abstiegen, um dann mit einem Tross von jungen Frauen hinzufahren. Es waren Spieler­frauen im Bewerbungsstand. Der erste Schritt war offenbar nicht schwer. Ab und an brachte sie es auf einen One-Night-Stand mit diesem oder jenem halbwegs bekannten Spieler. »Der XY, der ist zwar verheiratet und hat Kinder, aber der treibt es mit jeder auf dem Klo.« Danach war sie kurzzeitig mit einem Spieler zusammen, aber das hielt nicht. Sie nannte ihn nachher strohdoof. Der Spielerfrauentraum platzte. Was sie wohl heute macht?

Es ist ein legitimer Wunsch, Anhängsel eines Fußballmillionärs sein zu wollen. Nachdenklich macht, dass das so viel lohnender ist, als Fußballerin zu werden.

Am Status der Spielerfrau lassen sich gesellschaftliche Zustände ablesen. Die frauenfeindliche Fußballwelt der Neunziger hat sich gewandelt. Heutzutage sind Spielerfrauen in der Öffentlichkeit akzeptiert, solange sie ihre Rolle spielen, in der sie vom Verkauf ihrer selbst profitieren, eigentlich wie Fußballer auch. Und zumindest gibt es Frauen wie die ehemalige Tennisspielerin Ana Ivanović, die mit Sebastian Schweinsteiger verheiratet ist, und die Sängerin Shakira, die mit Gerard Piqué verheiratet ist. Die beiden sitzen auch auf der Tribüne, wenn ihre Männer spielen. Aber niemand bezeichnet sie als Spielerfrauen. Das traut sich keiner. Spielerfrau – das Wort ist ja nur für Dumme.