Zwischen Rekordtemperaturen, Wassermangel und Agrarsubventionen gibt es einen Zusammenhang

Deutschland trockengelegt

Die derzeitige Dürre ist gravierend. Nun fordert der Bauernverband allgemeine Finanzhilfen für Agrarbetriebe. Profitieren würde davon vor allem die Art von Landwirtschaft, die die globale Erwärmung und Trockenheit mitverursacht.

Zwischen April und Juli 2018 herrschte in Deutschland die höchste in dieser Jahreszeit gemessene Durchschnittstemperatur seit Beginn der Messungen im Jahr 1881. Obendrein registrierte man das größte Niederschlagsdefizit, also ein Missverhältnis zwischen ­Verdunstung und Niederschlag. Selbst im kühl-feuchten Siegen-Wittgenstein, dem waldreichsten Kreis Deutschlands, verlieren viele Bäume ihre Blätter, in den sonst eher verregneten Wäldern verdorrt die Vegetation. Sinkende Wasserpegel führen dazu, dass das verbleibende Wasser sich rascher erwärmt. Fische, Muscheln und Insektenlarven sterben an Sauerstoffmangel. Lokale Verluste konnten einst durch Wiederansiedlung aus verbleibenden Refugien ausgeglichen werden. Nun aber sind die Refugien in den Mittelgebirgen selbst ­betroffen. Für isolierte Restbestände von Arten wie der Flussperlmuschel, blauschillerndem Feuerfalter und Hochmoorgelbling kann die diesjährige Dürre gar das Ende bedeuten.

Die Zahl der Höfe schrumpft kontinuierlich, immer weniger Landwirte verwalten immer mehr Land.

Während das ökologische Problem mitunter lediglich als Randnotiz auftaucht, richtet sich die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Landwirtschaft. Die diesjährige Getreideernte wird vom Deutschen Bauernverband (DBV) auf 20 Prozent unter dem Durchschnitt prognostiziert, örtlich seien bis zu 70 Prozent Verluste zu verbuchen. Hungern muss deshalb niemand. In der Ver­gangenheit stiegen die Ernteerträge eher, mancherorts träumte man schon von zwei Ernten in warmen Jahren. Unter dem Strich war Deutschland bislang ein Gewinner der globalen ­Erwärmung.
Wie in jeder Krise trifft es jedoch die Schwächsten am schlimmsten. Kleinbauern können sich den Zukauf von Futter kaum leisten. Die ohnehin ­prekär wirtschaftenden Wanderschäfer müssen nicht nur zufüttern, sondern wegen der großen Hitze ihre Tiere im Sommer in den Stall bringen oder sie notschlachten. Bei den derzeitigen Temperaturen würden Schafe auf Weiden ohne Schatten sterben. Dabei können gerade Schäfer am wenigsten für die Krise. Sie sorgen für die Pflege ökologisch wertvoller Wiesenflächen und produzieren lokal Fleisch und Wolle auf weitgehend klimaneutrale Weise. Hier sind Soforthilfen fraglos vonnöten.

Wenig nachvollziehbar ist hingegen die Forderung des DBV nach einer all­gemeinen Kompensation für die Ernteausfälle. Weder können Finanzhilfen derzeit fehlendes Futter erzeugen, noch können sie jahrzehntelange Misswirtschaft abstellen. Landwirtschaft musste von je her Missernten einplanen und Rücklagen bilden. Heutzutage ist aber das Hauptproblem der Landwirtschaft, dass sie wegen Überproduktion abhängig ist von Stützungskäufen und Subventionierungen in Höhe von zuletzt etwa 400 Euro pro Hektar, wie aus Zahlen des

Bundeslandwirtschaftsministeriums hervorgeht. Dennoch schrumpft die Zahl der Höfe kontinuierlich, immer weniger Landwirte verwalten immer mehr Land. Ihre Organisationen verteidigen gerade jene Flächensubventionen, die Großbauern begünstigen und am stärksten zu Zentralisierung und Intensivierung beitragen.

Die seit Jahren beobachtete globale Erwärmung erforderte von der Landwirtschaft Anpassungsleistungen, denen sie sich großenteils verweigert hat. Mit dem Import von Soja aus zerstörten Savannen- und Regenwäldern trägt sie Mitverantwortung für den Klimawandel. Und auf lokaler Ebene halten sich viele Landwirte genauso wenig an Düngeverordnungen wie an Naturschutzgesetze. Seit Jahrzehnten verweisen ­Naturschutzverbände auf den Nutzen von Feuchtgebieten. Moore, Teiche, Sümpfe und Feuchtwiesen sind nicht nur artenreich, sondern sie wirken auch wie Schwämme. Selbst bei Stark­regenfällen können sie durch ihre Struktur noch Wasser aufnehmen, während trockene Böden es in die Flüsse und letztlich ins Meer ableiten. Jene Flächen wurden und werden von den Landwirtschaftsbetrieben sehr aggressiv und oft illegal drainiert und verfüllt. Abseits großer Prestigeparks konnten verbleibende Reste von Feuchtgebieten nur durch den ehrenamtlichen Naturschutz und gegen erhebliche ­Widerstände aus Landwirtschaft und Kommunalpolitik verteidigt werden. Der Landwirtschaft als Verursacher der Zerstörung von Pufferbiotopen daher eine pauschale Entschädigung zukommen zu lassen, hieße, die Verursacher des Schadens, der in der Fläche durch jahrzehntelange bornierte und teils kriminelle Aktivität entstand, noch zu belohnen.