სივრცე - Laborbericht - Nordmann aus dem Kaukasus

Die georgischen Wurzeln der Nordmanntanne

Kolumne Von

Unerbittlich naht der Herbst: Die Höchsttemperatur ist unter 25 Grad gesunken, im Garten gehen die Spätblüher in den Endspurt und in den Supermärkten werden schon Lebkuchenkontingente gesichtet. Neben der Grippeimpfung und dem Kauf erster Weihnachtsgeschenke ist es also an der Zeit, sich schon mal über das Begleitgrün zu den Jahresendfeierlichkeiten zu informieren.

Der Deutschen liebster Weihnachtsbaum ist und bleibt die Nordmanntanne. Die hat einen schönen konischen Wuchs, piekst und nadelt weniger als ihre Verwandten aus der Familie der Kieferngewächse und außerdem lässt der Name an verschneite skandinavische Wälder denken – und so manchen Mitarbeiter des LKA Sachsen wohl auch an arisch-blonde Recken.

Mit dem hohen Norden hat der Nadelbaum aber nur höchst indirekt zu tun, nämlich durch seinen Entdecker und Namensgeber, den finnischen Biologen Alexander von Nordmann. Der war im Jahr 1835 auf einer Expedition im Kaukasus, genauer gesagt (Sie haben es vielleicht geahnt) in Georgien unterwegs, wo er in Höhen von 900 bis 2 100 Metern auf die Bäume stieß.

Auch heutzutage noch stammen die meisten der Lamettaständer in deutschen Wohnzimmern von dort. Sie wachsen zwar vor allem in Plantagen in Dänemark und Norddeutschland heran; weil aber Abies nordmanniana keine strengen Winter und Spätfröste verträgt, werden die Samen in Georgien geerntet und dann nach Europa exportiert.

Mit Waldromantik hat die Ernte der Samen wenig zu tun: Die Löhne sind mies, die Arbeiter klettern meist ungesichert in Höhen bis zu 50 Metern. Wer es sich nicht mit dem Weihnachtsmann verderben will, sollte deshalb nach Bäumen mit dem Label »Fair Trees« Ausschau halten. Es stammt von einem Zusammenschluss dänischer Produzenten, der sich für Arbeitssicherheit, faire Löhne und eine nachhaltige Waldbewirtschaftung einsetzt. Nötig ist Letzteres schon deshalb, weil das natürliche Verbreitungsgebiet der Nordmanntanne gerade einmal 13 000 Hektar umfasst – ungefähr ein Zwanzigstel der Fläche des Saarlands. Zugleich hat die große Nachfrage nach Saatgut dazu geführt, dass viele der Bäume in den vergangenen Jahren abgeerntet wurden. Schlecht erging es dieses Jahr auch den Baumschülern am neuen Ort: Mindestens die Hälfte der Jungpflanzen in den deutschen und dänischen Anbaugebieten hat die Dürre des Sommers nicht überlebt. Mit einer akuten Weihnachtsbaumknappheit ist zwar nicht zu rechnen, weil die älteren Exemplare der Trockenheit mit ihren tiefen Wurzeln trotzen, in acht bis zehn Jahren könnte es aber Engpässe geben. Angesichts des fortschreitenden Klimawandels sollte man sich für die Zukunft also besser schon mal nach trockenheitsresistentem Ersatz umsehen. Wie wäre es zur Verschönerung des Gabentischs mal mit georgischen Steppengräsern an Stelle der Nordmanntanne?