Alexander Vogt, Bundesvorsitzender von »Lesben und Schwulen in der Union«, im Gespräch über die CDU nach Merkel

»Nicht alle sind in allen Bereichen so konservativ«

Alexander Vogt ist seit 2010 ist Bundesvorsitzender von »Lesben und Schwulen in der Union« (LSU) . Er wurde 2016 mit 93,5 Prozent der Stimmen in diesem Amt bestätigt. In der CDU ist Vogt seit 1999, Mitglied der LSU seit 2000 und seit 2003 in verschiedenen Positionen im LSU-Bundesvorstand tätig. Er ist Banker und lebt und arbeitet in Frankfurt am Main. Mit der »Jungle World« sprach er über die politische Ausrichtung der CDU nach Merkel.
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In ein paar Tagen soll auf dem CDU-Parteitag ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin für Angela Merkel als Parteivorsitzende gewählt werden. Weshalb bedauern Sie den Rückzug von Merkel?
Es gab immer Dinge in der Partei, die uns zu schaffen gemacht haben. Aber der Unterschied zu Helmut Kohl war spürbar, denn nach 1999 konnte man langsam damit anfangen, über gewisse Dinge überhaupt zu reden. Eine größere innerparteiliche Diskussion kam in die Gänge. Man konnte sich freier artikulieren und bewegen. Das war ein merklicher Unterschied.

Auf der anderen Seite gingen die Dinge unter Merkel auch oft langsam. Und daran ist auch Frau Merkel nicht ganz unschuldig. Sie hat zum Teil langsamer agiert, weil sie vermutlich die Grenze zur Überforderung der Partei bei manchen Themen anders einschätzte. Da hätten wir uns manchmal ein bisschen mehr Mut gewünscht.

Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich zuletzt wieder zur »Ehe für alle« geäußert. Diese hatte sie noch 2015 indirekt mit Inzest und Poly­gamie in Verbindung gebracht. Stünde die Homo-Ehe unter ihr wieder zur Disposition?
Kramp-Karrenbauer hat auf einer ­Regionalkonferenz kürzlich bekräftigt, dass sie an dieser demokratischen ­Entscheidung nichts ändern will. Trotz alledem hat sie ihre Meinung nochmal bekräftigt, dass sie mit dem Wort Ehe hadert und befürchtet, dass bestimmte Werte den Bach runter gehen, man sich zum Beispiel vor der Vielehe hüten müsse. Diese Bestätigung ihrer Äußerungen von damals haben mich schon enttäuscht. Ich weiß, dass sie das Rad nicht zurückdrehen wird. Aber wenn jemand in ihrer Position so etwas sagt, dann ermutigt es andere auch zu diskriminieren. Es ist dann wieder salonfähig. Dabei hat die Ehe für gleich­geschlechtliche Paare nichts mit Vielehe und nichts mit Verwandtenehe zu tun. Und das sollte man wissen.

Kramp-Karrenbauer ist also nicht ihre Wunschkandidatin für den Parteivorsitz?
Ich glaube, die LSU wird sich da nicht einigen können. Wir geben da auch keine Empfehlung. Wir haben alle drei Kandidaten angeschrieben und unsere Fragen zum Thema Gleichstellung, aber auch zum Umgang mit der AfD formuliert. Die Antworten werden wir dann an unsere Mitglieder weiterleiten, sobald wir sie haben.

Mit der AfD ist erstmals seit den Fünfzigern eine Partei rechts von den Unionsparteien im Bundestag vertreten. Wie soll die CDU Ihrer Meinung nach damit umgehen?
Es ist für alle Parteien schwieriger ­geworden. Die AfD hat ein Sammelsurium aus verschiedenen politischen Strömungen in ihr Programm eingearbeitet. Das ist alles andere als widerspruchsfrei, aber sie versuchen, allen anderen Parteien das Wasser abzugraben. Klare Haltungen sind meines Erachtens in der Union bei vielen wichtigen Themen durchaus vorhanden. Sie werden in der Wahrnehmung leider oft überlagert, zum Beispiel vom Thema Migration. Die Kommunikation der jeweiligen Haltungen muss verbessert werden, damit wieder klarer wird, warum wir für etwas stehen. Man kann mit dem politischen Gegner durchaus einer Meinung sein, aber aus anderen Gründen. Auch das schärft Profil.

Sowohl Kramp-Karrenbauer als auch Friedrich Merz und Jens Spahn fallen gegenwärtig durch Äußerungen auf, mit denen sie sich erkennbar rechts von dem positionieren, was Angela Merkel in den vergangenen Jahren vertreten hat. Etwa in der Gleichstellungs- und Sozialpolitik, aber auch bei den ­Themen Flucht und Migration. Müssen wir nicht doch eher mit einem verstärkten Rechtstrend in der CDU rechnen?
Erstmal muss jemand gewählt werden und wohin das führt, sehen wir dann. Im Moment befinden wir uns im Wahlkampf. Aber es sind auch nicht alle in allen Bereichen so konservativ. Bei allen drei Kandidaten gibt es Dinge, die mir gefallen, und Dinge, die mir nicht gefallen. Das war auch bei Angela so. Auch bei ihr war ich nicht immer einverstanden.