Platte - Levin Goes Lightly: »Nackt«

Nackig gemacht

Levin Stadler ist Levin Goes Lightly, aber er ist nicht allein: Für sein drittes Album »Nackt« hat er sich mit dem Schlagzeuger Paul Schwarz (von der Band Human Abfall) und dem Multiinstrumentalisten Thomas Zehnle (Wolf Mountains) zwei routinierte Musiker aus der Stuttgarter Indieszene hinzugeholt, um mit ihnen die Songs zu schreiben und einzuspielen. Seine Synthpop-Stücke sind so repetitiv und sentimental wie vorher, doch die Texte sind nun nicht mehr englisch-, sondern deutschsprachig, so dass sie auf die hiesige Hörerschaft unverzüglich ein wenig kitschiger wirken. Stadlers glamouröses Alter Ego geht spielerisch damit um; vielleicht ist die Entwicklung zur Kunstfigur jenseits von Authentizitätsansprüchen auch erst die Voraussetzung dafür, Gefühle an der Grenze zur Peinlichkeit zuzulassen, zwar mit Augenzwinkern und doppelbödiger Sprache, aber ohne ironische Distanzierung oder gar Abwertung.

»Rote Lippen«, einer der eingängigsten und tanzbarsten Songs auf »Nackt«, ist ein gutes Beispiel dafür: Mit rollendem R, wie man es auch vom Schulchor lernt, wenn dialektal bedingt die Aussprache nicht ohnehin so ausfällt, intoniert der gebürtige Oberbayer Stadler das »Rote Lippen und deine Haut«. Das Lied über Verliebtheit und Projektion bleibt mit seinen reduzierten Andeutungen textlich am Ende vage, aber gerade dadurch euphorisch: »Wieder den Hörer in der Hand / Noch einmal verwählen / Noch zweimal verwählen / Wir fahren zusammen durch die Nacht / Mit einer Vorstellung von Dir.« Verhallte psychedelische Dreampop-Gitarren begleiten hier die Synthesizer und den an New Order geschulten Basslauf. Eine leichte Ähnlichkeit zu notorischen Elektropop-Charismatikern wie Samuel T. Herring (Future Islands) und John Maus ist zu erkennen, allerdings erscheint Levin Goes Lightly verglichen mit diesen als weniger konfrontativ, nicht jedoch als weniger emphatisch und eindringlich.

Levin Goes Lightly: Nackt (Tapete Records)