Das Erbe der SPD

Wer wird SPD-Nachfolgerin?

Seite 7 – Alles scheißegal

 

 

Die Nichtwähler

Wenn gar nichts mehr geht, hilft nur noch zu Hause bleiben: Decke über den Kopf, Netflix anschalten und hoffen, dass es nicht noch schlimmer wird.

Bei der diesjährigen Europawahl stieg zwar die Wahlbeteiligung in Deutschland, dennoch bleibt eine Gruppe stärkste Kraft: die Nichtwähler mit 38,6 Prozent. Die SPD verlor Infratest dimap zufolge 3,65 Millionen Stimmen, davon 2,07 Millionen an die Gruppe der Nichtwähler. Das ist ein Trend, der seit den siebziger Jahren ungebremst ist. Bei der Bundestagswahl 1972 gaben noch 91,1 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Seitdem fällt die Wahlbeteiligung bei allen Wahlen. So wie Schlaghosen und ­Willy Brandt ist eben auch das Wählen aus der Mode gekommen. Politisch ist damit zwar nichts ­gewonnen, aber ein kleines rebellisches Gefühl, es dem Establishment gezeigt zu haben, bleibt. Krasser ist es nur noch, ungültig wählen.

Insbesondere arme Menschen bleiben den Wahlen fern. Auch Menschen mit geringerer Bildung sind immer seltener motiviert, ihre Stimme abzugeben. Und auch junge Leuten interessieren sich wenig für das Kreuzchen: Während rund 76 Prozent der über 70jährigen und sogar 81 Prozent der 60- bis 69jährigen Wahlberechtigten bei der Bundestagswahl 2017 ihre Stimme abgegeben haben, betrug die Wahlbeteiligung der 21- bis 24jährigen nur 67 Prozent.

»Wer nicht wählen geht, kann sich später auch nicht beschweren«, erklärt der Satiriker und ehemalige Kanzerkandidat von »Die Partei«, Serda Somuncu, in seinem ironischen Nichtwählerwerbespot. Auf die enttäuschten und desillusionierten Wählerinnen und Wähler der SPD scheint das zuzutreffen. Sie haben eine neue politische Heimat gefunden.

Julia Hoffmann