Der nahe Osten – eine Kolumne über die sächsischen Verhältnisse

Der Gordian’sche Knoten

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Dementsprechend liest sich auch der jüngste VS-Bericht des Freistaats, der Mitte Mai veröffentlicht wurde: Die AfD kommt – trotz der völkischen Ausrichtung des sächsischen Verbands – ausschließlich als Feindbild linker Gruppen und als Opfer von deren Gewalt vor, Pegida wird mit dem Zusatz »nichtextremistisch« in der Kategorie »demokratisch« geführt.

Ein anderer Vermerk im Bericht sorgte über die Grenzen Sachsens hinaus für Empörung: Das Konzert unter dem Motto »Wir sind mehr«, an dem über 60 000 Menschen aus Protest gegen die rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz im vergangenen August teil­genommen und zu dem sogar Mitglieder der Bundesregierung aufgerufen hatten, wird als »teilweise linksextremistisch« eingestuft, unter anderem wegen »Nazis raus!«-Rufen, die dort zu hören gewesen waren. Dafür musste Meyer-Plath viel Kritik einstecken, selbst die FDP forderte ein »reinigendes Gewitter« an der Spitze der Behörde. Das antifaschistische Bündnis »Leipzig nimmt Platz« setzt sich mit einer Petition für die Auflösung des sächsischen VS ein. Viel Aussicht auf Erfolg hat diese Forderung allerdings nicht.

Doch immerhin wird es für den obersten Verfassungsschützer des Landes ziemlich eng. Denn zusätzlich zu der ohnehin schon erheblichen Kritik ist Meyer-Plath neuerdings mit dem Vorwurf der Falschaussage vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss konfrontiert. Zur staatlichen Unterstützung Piattos gehörte es auch, dem inhaftierten V-Mann trotz verschärfter Postkontrollen Material zur Produktion des Neonazi-Fanzines »United Skins« zukommen zu lassen. Meyer-Plath verneinte vergangenes Jahr im NSU-Ausschuss des Landtags von Brandenburg, daran beteiligt gewesen zu sein. Der damalige Sicherheitschef der JVA sagte jedoch aus, mehrfach persönlich von ihm Post für Piatto entgegengenommen und mit ihm auch Absprachen über den klandestinen Zustelldienst getroffen zu haben. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft Potsdam, der sächsische Koalitionspartner SPD fordert eine vorläufige Suspendierung Meyer-Plaths.

Sollte dieser seinen Posten räumen müssen, dann weder wegen seines Engagements in einem rechten Männerbund noch – je nach Lesart – wegen seines Versagens oder seiner Strafvereitelung beim NSU-Komplex, sondern nur wegen seiner Falschaussage. Das sagt wiederum viel über die sächsischen Verhältnisse aus. Sogenannte Sicherheitsbehörden sind eben auch nur ein Abbild der Gesellschaft. Wegen der überdurchschnittlich hohen Dichte an autoritären Charakteren, die dort tätig sind, sind sie wohl noch ein Stück reaktionärer als das »Volk«, aber letztlich auch nur ein ausführender Arm seines Willens.