Neues Zahlungssystem von Facebook

Die Zukunft des Zahlens

Seite 3 – Macht an den Finanzmärkten
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Für ein solches Zahlungssystem ­besteht tatsächlich ein großer Bedarf und seit Jahren gibt es immer neue Ver­suche, Payment-Dienste im Internet zu etablieren, von denen sich allerdings bisher kaum einer wirklich durchsetzen konnte. Bankeinzug oder Kreditkartenabbuchungen sind mit relativ hohen Gebühren für Händler verbunden. Ähnlich sieht es mit Diensten wie Paypal aus. Besonders groß ist die Marktlücke für mobile Zahlungssysteme in sogenannten Entwicklungsländern. Dort besitzen mittlerweile viele Menschen ein Smartphone, aber nach wie vor kaum jemand ein Bank­konto oder eine Kreditkarte. Dienste wie Western Union oder Moneygram verlangen ausgesprochen hohe Gebühren und sind unflexibel. Quasimonopolist in diesem Bereich ist derzeit das von Vodafone gestützte kenianische Unternehmen M-Pesa, dessen Transaktionengebühren allerdings auch zu hoch sind, um sinnvoll Einsatz in Ländern zu finden, in denen Menschen von ­wenigen US-Dollar am Tag leben.

Libra hingegen verspricht, ganz ohne oder nur mit »verschwindend geringen« Transaktionsgebühren auszukommen. Finanzieren soll sich das System dadurch, dass das Geld, das die Nutzer in Libra eintauschen, am Finanzmarkt angelegt wird und Zinsen abwerfen soll. Den Beweis, dass ein solches Geschäftsmodell dauerhaft funktionieren kann, wird Libra in den kommenden Jahren in der Praxis erbringen müssen. Sollte Libra von Erfolg gekrönt sein, dürfte damit etwas entstehen, das größer ist als die meisten großen Bankhäuser und erhebliche Macht an den Finanzmärkten haben wird. Wenn wie geplant ­irgendwann Hunderte Millionen Menschen relativ kleine Summen in Libra vorhalten, bedeutet das, dass die Libra Association Milliardensummen in die Finanzmärkte pumpen und über Anlageentscheidungen erheblichen Einfluss nehmen kann. So befürchtet der Bundesbankpräsident Jens Weidmann, dass die Libra Association durch den Ankauf von Staatsanleihen binnen weniger Jahre zum Großgläubiger von Staaten aufsteigen und so politische Entscheidungen beeinflussen könnte. Im Gegenzug dürften Staaten versuchen, Libra zu regulieren und vielleicht sogar zu verbieten.

Aber wenn es der Libra Association gelingt, 100 Millionen Kunden zu ­gewinnen, die jeweils 100 US-Dollar in Libra halten, sind das gerade mal zehn Milliarden US-Dollar, die in den Anlagemarkt fließen. Zum Vergleich: Die Bilanzsumme der größten Bank der Welt, der Industrial and Commercial Bank of China beträgt derzeit rund vier Billionen US-Dollar. Die Libra Associa­tion wird sich also anstrengen müssen, wenn sie bei den ganz Großen mit­spielen will. Tauschbar soll Libra auch erst im Jahr 2020 sein. Was windige ­Geschäftemacher nicht daran hindert, bereits jetzt fragwürdige »Schritt-für-Schritt-Kaufanleitungen« ins Netz zu stellen.