Ziemlich beste Freunde

Vom Bruder zum Partner

Seite 2 – Lukaschnkos Loyalität kennt Grenzen

Zur Verwirklichung des Unionsstaatsvertrags entstand eine ganze Reihe von Ausschüssen. Viel geschehen ist seither allerdings nicht. Weder wurde die Gesetzgebung vereinheitlicht noch ein gemeinsames Parlament geschaffen. Außerdem halten Russland und Belarus trotz vertraglicher Vorgaben bis heute an der jeweils eigenen Ver­sion des Rubels fest, auch wenn die Zentralbanken und Wirtschaftsministerien beider Länder eifrig über denkbare Szenarien der Vereinheitlichung diskutieren. Lukaschenko lehnt zwar nicht grundsätzlich die Einführung einer einheitlichen Währung ab, befürchtet jedoch, vom russischen Rubel einfach übernommen zu werden. Ein neuer, gemeinsamer Rubel müsse her, findet der belarussische Präsident, trifft auf der russischen Seite indes auf verhaltene Reaktionen. Einig sind sich alle höchstens in der Frage, dass zuallererst ein gemeinsamer Wirtschaftsraum entstehen müsse – doch selbst bis dahin ist es noch ein langer Weg.

Lukaschenko fürchtet, vom russischen Rubel überrollt zu werden.

De facto subventioniert Russland Belarus seit über zwei Jahrzehnten und erhielt im Gegenzug einen loyalen Bündnispartner, der in wichtigen strategischen Fragen mit Russland übereinstimmt und für einen reibungslosen Transit russischer Energieexporte gen Westen sorgt. Zumindest gelingt es Lukaschenko, sich als einzigen Garant für politische Stabilität in Szene zu setzen. Seine Regierung sitzt zwar am deutlich kür­zeren Hebel, erreichte bei der Aushandlung von exklusiven Freundschaftspreisen für rus­sisches Gas und Öl aber enorme Zugeständnisse. Nach Schätzungen des Moskauer Instituts für Energetik und Finanzen beläuft sich der Gesamtumfang russischer Subventionen durch extrem niedrige Exportpreise für den kleinen Nachbarn seit der Jahrhundertwende auf annähernd 100 Milliarden US-Dollar.

Lukaschenkos Loyalität kennt jedoch Grenzen – ebenso wie die Zahlungsbereitschaft der russischen Regierung. Die große wirtschaftliche Abhängigkeit von Russland – auch als wichtigster Handelspartner und Quelle von Direkt­investitionen – birgt für Belarus hohe Risiken. Zudem übte sich der belarussische Präsident Lukaschenko immer häufiger in außenpolitischen Alleingängen, was die russische Führung mit schwindender Kulanz quittierte. 2008 änderten sich die Beziehungen deutlich. Durch das Kriegsintermezzo in Georgien führte Russland seinen Nachbarn deutlich vor Augen, dass Panzer als schwerwiegendes Verhandlungsargument ins Spiel kommen könnten, sollten andere Methoden nicht den gewünsch­ten Effekt haben. Belarus suchte den Kontakt zur Europäischen Union und fand Aufnahme in deren Programm »Östliche Partnerschaft«.