Übergriffe in Uniform

Der Polizist als Triebtäter

Seite 3 – Weiterhin männerdominiert

Dass Polizisten Prostituierte aufsuchen, sei nichts Ungewöhnliches, ­berichtet die feministische Aktivistin, ehemalige Prostituierte und Mitgründerin des Aussteigerinnennetzwerks »Ella«, Huschke Mau. Einige Beamte profitierten sogar von der Ausbeutung von Frauen. Ihr erster Zuhälter, sagt Mau der Jungle World, sei Polizist gewesen; einer ihrer Freier habe in Sachen Menschenhandel und Zwangsprostitution ermittelt. In einer Pressemitteilung wies »Ella«, laut Selbstbeschreibung ein Netzwerk von »Frauen, die in der Prostitution waren oder noch sind«, darauf hin, dass zahlreiche Polizisten selbst Freier seien – und viele Prostituierte schlechte Erfahrungen mit ihnen gemacht hätten: Beamte deckten sich gegenseitig; der Korpsgeist der Polizei seizu ausgeprägt, als dass Kritik Wirkung zeigen könne.

»Bei der Polizei handelt es sich um einen Männerverein«, sagt Mau. Tatsächlich liegt der Frauenanteil bei der Bundespolizei lediglich bei 22 Prozent, bei den Polizeien der Länder sind es 28 Prozent. Im Polizeivollzugsdienst arbeiten lediglich elf Prozent Polizistinnen; in Führungspositionen sind Frauen äußerst selten.

Oliver von Dobrowolski, der Vorsitzende der kritischen Polizeiinitiative »Polizeigrün«, befasst sich seit geraumer Zeit mit dem Geschlechterverhältnis in der Polizei. »Obwohl sich auch die Vollzugspolizei bereits vor Jahrzehnten für Frauen geöffnet hat, ist die Polizei weiterhin eine männerdominierte Organisation. Ein Wandel vollzieht sich, aber nur langsam. Grund hierfür ist auch, dass Frauen in Führungspositionen, insbesondere in Spitzenämtern des gehobenen und höheren Dienstes, immer noch stark unterrepräsentiert sind«, sagt er der Jungle World. Zwar sei die Polizei »grundsätzlich nicht frauenfeindlich im internen Umgang«, jedoch komme es wegen »der Strukturen leider auch zu ­Verstößen«.

Ein weiteres Problem: »Geeignete Vertrauenspersonen und andere Ansprechstellen sind nicht immer vorhanden«, so von Dobrowolski. Ihm seien Fälle bekannt, in denen »gerade junge Auszubildende gleich zu Beginn ihrer Karriere massiven Übergriffen, verbal, aber mitunter auch körperlich«, ausgesetzt gewesen seien. Die Hürde, sich an Vorgesetzte zu wenden, sei besonders hoch, wenn es sich bei den ­Tätern um langjährige und höherrangige Beamte handele. Mit welchen ­Risiken es verbunden ist, wenn Polizistinnen Übergriffe von Kollegen melden, schildert von Dobrowolski ebenfalls: »Leider gab es auch schon gemeldete Vorfälle, die am Ende mehr dem weiblichen Opfer geschadet haben als dem oder den männlichen Beamten. So etwas wirkt fatal und kann psychische Schäden bis hin zu Berufsunfähigkeit oder Suizid nach sich ziehen.«