CO2-Steuer und die soziale Frage

Die Wohlfühlsteuer

Seite 3 – Der deutsche Standortvorteil

Im Gespräch sind etwa die von den Grünen vorgeschlagene Streichung der Stromsteuer und die Erhöhungen der Pendlerpauschale und des Kindergelds. So sollen nach dem Willen der Ministerin auch die Bevölkerungsgruppen mit einem hohen CO2-Verbrauch motiviert werden, in ökologische Umrüstungen ihrer Fahrzeuge oder Wohnungen zu investieren, um langfristig sogar finanziell profitieren zu können – und den stagnierenden Binnenmarkt zu fördern.

Einig sind sich Regierungspolitiker und Grüne mit vielen Vertretern der deutschen Industrie, dass Klimaschutz nicht zum Standortnachteil werden dürfe. Das hatten auch die Autoren des Gutachtens betont. Der Preisaufschlag dürfe »die Wirtschaft nicht zu stark belasten«, heißt es darin, um weder die Binnennachfrage zu gefährden noch die deutsche Exportwirtschaft zu ­belasten. Deshalb dringt vor allem Merkel auf »europäische und globale Maßnahmen«, bevor man über »nationale Alleingänge« nachdenken solle. Dabei ficht sie nicht an, dass die meisten europäischen Ländern bereits CO2-Steuern erheben. In Schweden, das 1991 als erstes Land eine derartige Steuer einführte, beträgt der Preis pro Tonne 115 Euro, in der Schweiz und Liechtenstein 86 Euro, in Frankreich 44,50 Euro – die Erhöhung auf 65 Euro ist jüngst wegen der Proteste der »Gelb­westen«-Bewegung ausgesetzt worden – und in Großbritannien umgerechnet 21,40 Euro. Sogar viele osteuropäische Länder haben in den vergangenen Jahren diverse, zumeist allerdings deutlich niedrigere Besteuerungen eingeführt.

Es geht den Gegnern also vor allem darum, den Standortvorteil nicht ­aufzugeben. Allerdings kann hier Entwarnung gegeben werden. Zwar ist der Pro-Kopf-Ausstoß von CO2 in Luxemburg, den Niederlanden und Deutschland, die allesamt keine CO2-Steuer haben, am größten, aber auch die Ergebnisse der anderen Länder sind wenig beeindruckend. Zwar wurde in Großbritannien seit 1990 der CO2-Ausstoß um den europäischen Rekordwert von 37,3 Prozent reduziert, doch ist dies vor allem auf die Schließung von Kohlekraftwerken und die ungebremste Deindustrialisierung zurückzuführen. Das Boomland Norwegen weist die geringsten Einsparungen auf – trotz der Besteuerung von Energie­trägern. Eine Lösung für die immer schlimmeren ökologischen Verwerfungen, die die destruktive Produktionsweise hervorruft, wird die Steuer, die möglichst wenig verändern soll, nicht bringen. Aber mehr als etwas Zeitgewinn erwartet wohl ohnehin niemand von den Svenja Schulzes dieser Welt.