AMIA-Anschlag in Buenos Aires

Das Netzwerk der Attentäter

Seite 2 – Komplettes Justizversagen

Inzwischen wird die Hypothese, dass die Hizbollah und iranische Hintermänner hinter dem ­Anschlag steckten, von den meisten Personen und ­Organisationen, die sich damit befassen, als wahrscheinlichste angesehen. Das war nicht immer so. Tatsächlich ist der Fall AMIA ein Paradebeispiel für komplettes Justizversagen. Zu stümperhaftem Vorgehen, das unmittelbar nach dem Anschlag begann und das man wohlwollend auf das Fehlen von Erfahrungen der argentinischen Justiz mit Ermittlungen ähnlichen Ausmaßes zurückführen kann, gesellte sich umgehend eine schwer fassbare kriminelle Energie, die die Aufklärung nachhaltig und erfolgreich sabotierte.

Juan José Galeano, der zunächst zuständige Bundesrichter, hielt es für ausgemacht, dass Beamte der Polizei der Provinz Buenos Aires hinter dem Anschlag steckten. 2004 wurden die Beschuldigten jedoch freigesprochen, Galeano wurde 2005 seines Amtes enthoben – wegen Verschleppung des ­Verfahrens und Vernichtung von Beweisen. Daraufhin wurden gegen Galeano und zwei der beteiligten Staatsanwälte Verfahren eingeleitet. Den dritten Staatsanwalt, Alberto Nisman, betraute der damalige Präsident Néstor Kirchner 2004 als Chefermittler mit dem Fall. An seine Seite stellte der Präsident den Geheimdienstler Antonio Horacio ­Stiuso. Beide arbeiteten eng mit US-amerikanischen und israelischen Sicherheitsbehörden zusammen. Nisman kam zu dem Schluss, dass der Sprengstofftransporter von Ibrahim Hussein Berro, einem Hizbollah-Mitglied, platziert worden sei, und dass die Hintermänner im Iran zu suchen seien.

2006 erhoben die Ermittler Anklage gegen acht Funktionäre des iranischen Regimes, darunter Akbar Hashemi Rafsanjani, der von 1989 bis 1997 iranischer Präsident war und 2017 verstarb. Obwohl ­Interpol damals Red Notifications ausstellte, eine Art internationaler Haft­befehl, konnten die meisten der Gesuchten auch danach problemlos reisen – auch in viele Länder, die diplomatische Beziehungen zu EU-Ländern, den USA und Argentinien unterhalten.