Lebensmittel vor dem Müll retten

Kann das weg?

Lebensmittel, die Supermärkte früher weggeworfen hätten, werden immer häufiger kostenlos abgegeben. Die Unternehmen machen damit sogar Gewinn.

Zwischen hochgewachsenen Bäumen und dem kantigen Bau der Baptistenkirche liegt in der Feurigstraße in Berlin-Schöneberg ein unscheinbarer Parkplatz an der Straße. Der Verein Foodsharing e. V. betreibt hier in einer überdachten Ecke einen sogenannten Fair-Teiler. Dieser besteht aus einem Lager- und einem Kühlschrank sowie ­einer kleinen Ablagefläche. Das Konzept ist simpel: Überschüssige Lebensmittel können hier gelagert und gekühlt werden. Wer diese gebrauchen kann, bedient sich einfach – kostenlos.

»Angewandte Kapitalismuskritik könnte man das nennen.«

Viele Anwohnerinnen und Anwohner nutzen dieses Angebot privat. Manche legen vor dem Urlaub übriggebliebene Lebensmittel in den Kühlschrank, andere finden hier ein Mittagessen. Aushänge von Foodsharing, die nach Vereinsregelung an jedem Fair-Teiler gut sichtbar angeklebt sein müssen, legen den hygienischen und verantwortungsbewussten Umgang mit den Lebensmitteln fest. Das Gros aussortierter Lebensmittel kommt von Supermärkten, Restaurants, Bäckereien und anderen Betrieben. Sowohl deren Abholung wie die Instandhaltung der Fair-Teiler werden ehrenamtlich von den sogenannten Foodsavern übernommen.

Franzi (34) ist eine von ihnen. Die alleinerziehende Mutter, die Soziale Arbeit studiert und von einem Nebenjob lebt, rettet zwei bis zehn Mal in der Woche Lebensmittel vor der Tonne: »Angewandte Kapitalismuskritik könnte man das nennen, denn das mit der Überproduktion von Gütern kann so nicht weitergehen.« Doch stellt sie schnell klar, dass Foodsharing keine antikapitalistische Utopie ist: »Es geht eher um eine Umverteilung im Alltag.«

Die geretteten Lebensmittel verteilt sie an Bekannte, Nachbarn oder gemeinnützige Einrichtungen. Einen Teil behält sie. »Ich kann mich fast ausschließlich davon ernähren«, sagt sie anerkennend, als sie ihr Fahrrad vor der nächsten Abholung an einem frischen Julimorgen am Hintereingang der Produktionsküche von »Auf die Hand« parkt. Der Betrieb bereitet nach eigenen Angaben »feinstes Fastfood« zu: Sandwiches, Quiches, Salate und Desserts.