Lebensmittel vor dem Müll retten

Kann das weg?

Seite 6 – Die Revolution beginnt nicht mit der Gemüsekiste

An den Wänden türmen sich rechts Getränkekisten und gegenüber sind in hohen Regalen die Marktprodukte geordnet. In der hinteren Ecke kurz vor dem Notausgang stehen sechs vorbereitete Kisten für die Foodsaver. Zusätzlich bringt der junge Angestellte, der die Prozedur längst zu kennen scheint, noch eine Kiste mit Milch- und Kühlprodukten und verlässt den Raum. Dass sie hier die Lebensmittel aufteilen dürften, sei ein Vertrauensvorschuss seitens der Filiale. Das ermögliche eine enge Kooperation mit Foodsharing, weiß Franzi aus Erfahrungen. Es sei vor allem ein Verdienst der hier zuständigen Foodsaver, die den Kontakt zur Filiale aufbauen und pflegen.

Ansonsten kommt es vor, dass die Lebensmittel schon Mal auf der Straße umsortiert werden müssen. Das kann schwierig sein, denn wie in diesem Markt sind es an manchen Tagen doppelt so viel Waren wie an anderen. Doch egal wie viel sie retten, an der allgemeinen kapitalistischen Überproduktion ändere es nur wenig, weiß auch Lukas. Die Revolution beginnt nicht mit der Gemüsekiste.

Ein Widerspruch also? Mit Food­sharing soll der Warenkreislauf seine Vollendung finden. Ausrangierte Güter werden wieder nutzbar gemacht und ein verloren geglaubter Zustand stellt sich ein: Menschen bekommen kostenlosen Zugang zu Lebensmitteln. Doch das Konzept Lebensmittelrettung appelliert an die Pflicht der Freiwilligkeit und schafft mit Kosten- und Steuereinsparungen auch Anreize für Betriebe, die so einen guten Grund haben, ihre Ein- und Verkaufskonzepte nicht zu überdenken. Die Foodsharing-Community träumt andererseits davon, mit dem Ende der Lebensmittelverwendung überflüssig zu werden. Doch solange die Unternehmen von Food­sharing profitieren und sich die Zusammenarbeit manchmal gerne ans Revers heftet, werden Lebensmittel weiter weggeworfen.