Betrüger im Sport

The Queen of Sprint

Seite 2 – John von Neumann mit Dreadlocks

»John von Neumann«. 1993 meldete sich ein bislang völlig unbekannter Spieler zu dem Schachturnier World Open in Philadelphia an. Er schrieb sich unter dem Namen »John von Neumann« ein und keinem der Organisatoren fiel auf, dass das ein Pseudonym sein könnte. Und zwar eines, das sozusagen mit dem Zaunpfahl winkte, war doch der echte von Neumann einer der Begründer der Informatik, dessen Name in IT-Kreisen oft in einem Atemzug mit Alan Turing genannt wird. Der »von Neumann« in Philadelphia war jedenfalls schwarz und trud Dreadlocks, und der echte Neumann, ein weißer jüdisch-ungarisch-amerikanischer Mathematiker, war bereits seit Jahrzehnten tot. Der junge Afroamerikaner verblüffte Publikum und Experten mit einer exzellenten Partie gegen den isländischen Großmeister Helgi Ólafsson, dem er neun Runden lang die Stirn bot. ­Sicher, da war eine komische Ausbeulung in »von Neumanns« Hose, von der ein leises Summen ausging. Klar, es war ungewöhnlich, dass der Spieler Kopfhörer trug. Aber hey, niemand wollte ein junges Talent zu Unrecht verdächtigen und schon gar keiner wollte sich des Rassismus schuldig machen.

Trug keine Dreadlocks und war 1993 bereits 36 Jahre tot: der echte John von Neumann.

Bild:
mauritius images / Los Alamos National Laboratory

In Runde neun hörte das Summen aus »von Neumanns« Hosentasche plötzlich auf und er konnte sich 40 Minuten lang nicht dazu entscheiden, den nächsten Zug zu machen, obwohl er, was selbst Schachanfängern klar war, nur einen vernünftigen übrig hatte. Er entschuldigte sich und ging zur Toilette. Kaum zurück, machte er seinen Zug und besiegte den verblüfften Großmeister. Dafür sollte er ein Preisgeld von 800 Dollar für siegreiche Amateure erhalten, doch als die Jury ihn vor der Überreichung des Schecks bat, ein paar ganz einfache Grundregeln des Schachs zu ­erklären, verschwand »von Neumann« und ward daraufhin nie wieder gesehen.