Kinofilm »Ich war zuhause, aber«

Drama im Drama

Seite 2 – Zeitsprünge und rätselhafte Auslassungen

Die Szene scheint vorwegzunehmen, was Astrid in einem späteren Dialog monieren wird: »Ich weiß eh nicht, wie man miteinander ­reden kann.« Schanelecs Interesse gilt den Unzulänglichkeiten von Kommunikation, was sich auch immer wieder in den Einstellungen zeigt, die bei Gesprächen meist ohne Gegenschnitt arbeiten, weshalb die Figuren scheinbar mit sich selbst sprechen anstatt mit ihrem Gegenüber. Sprechen ist in Schanelecs ­Filmen kein Motor der Erzählung, sondern wird als filmische Konven­tion in Frage gestellt.

Traurig in der Natur: Astrids Kinder Phillip und Flo.

Bild:
Nachmittagfilm

Ein anderes wiederkehrendes, hier ebenfalls auf die Spitze getriebenes Merkmal ist, dass auf eine klassische Exposition der Handlung verzichtet wird. Was für die Geschichte zentral ist, die mit vielen Zeitsprüngen und rätselhaften Auslassungen erzählt wird, klärt sich erst nach einiger Zeit auf. Scheinbar Nebensächliches wird stattdessen groß, eben wenn sich Astrids erworbenes Rad als ­kaputt heraus­stellt und sie mit dem Verkäufer eine gefühlte Ewigkeit über eine Rücknahme verhandelt.

Was in anderen Filmen ansonsten meist weggelassen oder gerafft wird, nimmt hier viel Raum ein. Als Zuschauer fragt man sich unwillkürlich, was der Grund dafür ist – man sucht händeringend nach dahinterliegender Bedeutung, nach verborgenem Sinn. Schanelec würde darauf, wie in ­einem Interview mit dem RBB-Sender Radio Eins, antworten, dass es vielmehr darum geht, dass der Kinobesucher »einfach nur zuschaut«.

Astrid ist eine Witwe mit zwei Kindern im alternativ-bürgerlichen ­Milieu Berlins, das mitunter wirkt wie vor 20 Jahren, so entrückt nehmen sich die Figuren, ihre Kleidung und ihr Alltag aus. Ihr Sohn Phillip ist verschwunden und taucht zu Beginn des Films wieder auf. Wo er ­gewesen ist, klärt der Film nicht auf. In der Folge wird Astrids Überfor­derung, ihre seelische Notlage gezeigt. Der Tod ihres Mannes strapaziert sie, sie pendelt zwischen Depression und Nervenzusammenbruch.