Kinofilm »Ich war zuhause, aber«

Drama im Drama

Seite 3 – Theater als Nebenschauplatz

Doch viele Worte über die Handlung zu verlieren, ist müßig, denn dieser Film zeichnet explizit kein Psychogramm und ist auch kein pädagogischer Ratgeber, wie mit dem Verlust eines Menschen umzugehen ist. Vielmehr bildet die sehr rudimentär erzählte Geschichte den Rahmen dafür, darüber zu reflektieren, wie Darstellung im Film funktioniert und wie man filmisch darstellt: Selten sah ein Lidl-Supermarkt in einem Film so schön aus.

Schanelecs Filme sind nicht nach der Narration, sondern nach Bildern gebaut. Was passiert, muss sich nie veränderten Bildausschnitten fügen. Die montierten Bilder ergeben meist keinen kohärenten Raum. In der Strenge der Anordnung ähnelt der Film bisweilen tableaux vivants, und tatsächlich spielt das Theater in »Ich war zuhause, aber« eine wichtige Rolle: nämlich als ein Nebenschauplatz, der unverbunden immer wieder die Handlung unterbricht. Eine Schulklasse probt im Klassenzimmer den »Hamlet«, Lehrer sind nicht dabei. Mit großem Ernst, ohne je der Lächerlichkeit preisgegeben zu werden, wird Shakespeare rezitiert, in einer Übersetzung Schanelecs und ihres vor zehn Jahren verstorbenen Partners, des Theaterregisseurs Jürgen Gosch.

Im Schaupiel der Kinder kommt Schanelecs filmische Praxis zu sich. Da sie keine professionellen Sprecher sind, kann sich das Eintönige und das Tonlose hier ganz entfalten. Die Tragik des Stücks können die Kinder kaum nachvollziehen, der dort thematisierte Tod ist ihnen fern. Das zahl­lose Sterben in »Hamlet« wird kindlich unschuldig – während wiederum der in der eigentlichen Handlung banale Tod des Ehemanns und Vaters mit dem bekanntesten Stück der Theatergeschichte überhaupt konfrontiert wird.