Sozialer Wohnungsbau

Es geht auch ohne Wohnungsnot

Seite 3 – Enthorrifizierung des gemeinnützigen Bauens
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Denn so gut wie jeder Bundesbürger kam zwangsläufig mit der Neuen Heimat in irgendeiner Weise in Berührung: Der gemeinnützige Konzern, der unter seinem Dach 27 gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgemeinschaften vereinte, baute in den 32 Jahren seiner Existenz nicht nur mehr als 460 000 Wohnungen (in Großanlagen wie auch als Reihen- und Fertighäuser), sondern auch überall im Land Kindergärten, Schulen, Kliniken, Universitäten, Einkaufszentren, Spielplätze und Schwimmbäder.

Entwurf eines Hochhauses zur Wohnsiedlung Hamburg-Veddel, 1953, Architekt: Walter Beyn.

Bild:
Hamburger Architekturarchiv

Der Hamburger Ausstellung gelingt es nun tatsächlich, das gemeinnützige Bauen zu enthorri­fizieren. Jahrzehnte lang galt gerade die Neue Heimat als eine Art sozialdemo­kratische Strafkolonie, ein Mordor aus Waschbeton, in dem nicht nur Filz und Korruption herrschten, sondern von dem die wesenhaft böse Zerstörungslust des industriellen Systembaus auf pittoreske Städte und blumenübersäte Wiesen ausgegriffen habe. Soziales Bauen laufe demnach notwendig auf Wohnknast in der verelendeten Trabantenstadt hinaus – dieses Bild hat sich festgesetzt.

Es ist nicht gänzlich aus der Luft gegriffen, die dafür immer wieder herbeigezogenen Beispiele wie das Münchner Hasenbergl, Lübecks Buntekuh-Viertel oder Mannheim-Vogelstang sind aber nur ein Ausschnitt aus der Geschichte der Bautätigkeit der Neuen Heimat, jener Phase der ­sogenannten Entlastungsstädte, mit der die nur schleppend instandgesetzten Altbaubestände Mitte der sechziger Jahre durch moderne Schlaf­städte in unbebauter Randlage ­ergänzt werden sollten. Die fehlende Urbanität dieser Siedlungen und die ästhetischen Mängel wegen allzu kostensparenden Bauens sind keine notwendigen und konstitutiven Charaktermerkmale des sozialen Wohnungsbaus und der Neuen Heimat.

Es gab auch andere Baukonzeptionen, beispielsweise die an Ideen der Weimarer Zeit anknüpfenden, ­begrünten und an Naturformen orientierten Stadtlandschaften der ­ersten Jahre der Neuen Heimat, realisiert in Hamburg, wo das Unternehmen aus einem Zusammenschluss verschiedener örtlicher Wohnungsgenossenschaften in den ­Jahren bis 1950 mit Unterstützung der britischen Besatzungsmacht ­entstanden war.