Die Theorielosigkeit der Klimabewegung

Sie wissen nicht, was sie tun

Seite 3 – Streber fürs Klima

Jemand wie der Youtuber Rezo, der mit seinem Video »Die Zerstörung der CDU« kurz vor den EU-Wahlen bekannt wurde, ist weder Marxist noch rechter Sozialdemokrat noch bürgerlicher Apologet, er fühlt sich stattdessen in der ehrenvollen Rolle desjenigen, der sagt, was ist. Während Politiker und Me­dien die »Dinge anders sagen und in anderer Form aussprechen« würden, wie Rezo im Interview mit Jan Böhmermann bemängelte, müsse man »einfach ein bisschen menschlicher und klarer werden in der Sprache.« Die Eindeutigkeit, die sich für Rezo aus seiner Zahlen- und Faktensammlung ergibt, wird eben seiner Meinung nach mutwillig nicht klar kommuniziert oder besetzt.

Offenbar noch keine aussterbende Art. Klimaaktivisten im Londoner Hyde Park.

Bild:
picture alliance  / Alberto Pezzali

Aus dem positivistischen Video Rezos spricht nicht nur eine tiefe ­Unzufriedenheit mit allen Denkangeboten der Gegenwart (die Zustimmung zu den Grünen zählt nicht, da diese ja gerade die Rückgrat- und ­Positionslosigkeit zum Prinzip erhoben haben), sondern vor allem das Desinteresse, sich damit überhaupt noch auseinanderzusetzen. Die »­Zerstörung der CDU« ist keine inhaltliche Auseinandersetzung, es ist die Ansage, dass jene Partei ab jetzt nichts mehr zu melden hat.

Das hat einen rotzigen oder gar subversiven Charme, geht aber mit fundamentaler Theorielosigkeit einher. Mit Theorie ist dabei die Fähigkeit gemeint, Zusammenhänge und Ursachen zu bestimmen, also genau nicht nur vor dem Unmittelbaren zu stehen, sondern die Grenzen des Bestehenden zu erkennen, um sie überwinden zu können.

Fridays for Future oder Extinction Rebellion, ebenso wie politisierte Influencer, scheinen sich gar keinen Begriff machen zu müssen von Kapitalismus, Krise oder eben von Gesellschaft. Es ist ja auch müßig, sich in Grundlagenforschung zu verzetteln, wo doch der Handlungsbedarf so akut zu sein scheint. Diese Stärke der Unbefangenheit und sympathischen Naivität, mit keiner der altgedienten Denkrichtungen etwas gemein haben zu müssen, verkehrt sich schnell dazu, einfach nur nicht zu wissen, was man mit diesen doch gemein haben könnte. Ohne Theorie kann jedes noch so radikale Auftreten dem Bestehenden einverleibt werden. Wie man gute Noten in der Schule schreibt, so streikt man jetzt für das Klima, weil man sich um seine Zukunft kümmern muss. Eine Zukunft, in der auch nur das Immergleiche passiert.