Unkritischer Umgang mit Polizeimeldungen

Die Polizei, dein Freund und Fälscher

Seite 2 – Die Polizei gilt als verlässliche Quelle

Hutter zufolge löschte die Berliner Polizei als Reaktion auf die Klage ihren Tweet, bestreitet aber, dass dieser rechtswidrig gewesen sei. Die Kläger, ein Vorstandsmitglied des Betreibervereins und dessen Pressesprecher, sehen einen Eingriff in die Versammlungs- und die Meinungsfreiheit.

Selbst eher liberale Medien, wie etwa die Berliner Zeitung, sahen damals keinen Grund, an der Pressemeldung der Polizei zu zweifeln. Auf kritische Nachfragen reagierte die Redaktion mit der Twittermeldung: Die Polizei Berlin »hat die Info noch einmal bestätigt und ist für uns eine verlässliche Quelle«. Damit steht das Blatt freilich nicht allein. Ein Großteil der Medien nutzt Polizeimeldungen oft unhinterfragt als verlässliche Quelle.

Der Deutsche Journalistenverband bemängelte diese Praxis vor einigen Wochen. Das lag allerdings nicht an der Verbreitung von fake news der Polizei bei der Räumung in der Friedelstraße 54. Anlass waren vielmehr Polizeipressemeldungen bei einer Demonstration des umwelt- und klimapolitischen Bündnisses »Ende Gelände« Ende Juni im Braunkohletagebaurevier Garzweiler, in denen kritische Journalisten gleich mehrere falsche oder missverständliche Formulierungen fanden. So hieß es zunächst, 16 Polizisten seien während der Aktionen der Umweltschützer verletzt worden. Erst durch journalistische Recherche stellte sich heraus, dass es lediglich zwei leichtere Verletzungen durch Fremdeinwirkung gegeben hatte.

Doch die Polizeimeldung hatte ihr Ziel erreicht – in den meisten Medien war von Gewaltbereitschaft beziehungsweise Gewalttätigkeit der Demonstrierenden die Rede, während von Polizisten und sogenannten Sicherheitsmitarbeitern während der Räumung ausgeübte Gewalt kaum diskutiert wurde. Zudem stellte die Polizei schon vor der Demonstration von »Ende Gelände« in ihren Meldungen die Blockaden als Straftaten hin, was juristisch nicht haltbar ist. Der Deutsche Journalistenverband rief dazu auf, »Meldungen und Informationen der Polizei­behörden in allen Fällen kritisch zu hinterfragen«.