Die AfD und der Klimawandel

Immer diese Ausländer

Für die AfD stehen zwei Dinge fest: Den Klimawandel gibt es nicht. Und sollte es ihn doch geben, sind die Afrikaner schuld.
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Vor gut einem Monat vermerkte der Journalist Alan Posener sarkastisch in der Welt, es sei an der Zeit, dass die AfD den Klimawandel anerkenne, dazu müsse sie nicht einmal auf ihren Rassismus verzichten. Tatsächlich nahm fast gleichzeitig die AfD das Thema Klimawandel in ihre Dresdner Erklärung auf, wohl um ihr bislang praktisch nicht vorhandenes ökologisches Profil zu schärfen. Zwar wird der menschliche Beitrag zum Klimawandel nach wie vor abgestritten, aber die »Überbevölkerung« in Schwellen- und Entwicklungsländern, heißt es in der Erklärung, sei ein großes Problem für den Umweltschutz.

Mit diesem Schritt nähert sich die Partei ideologisch der Position jener Erklärungen aus dem Internet an (sie als »Manifeste« zu ­bezeichnen, wäre zu viel der Ehre), die den Attentätern von Christchurch und El Paso zugeschrieben werden. Letzterer schrieb beispielsweise, je mehr Menschen man loswerde, desto nachhaltiger werde der Lebensstil.

Auch wenn Posener dies wohl nicht beabsichtigte, lieferte er der AfD mit seinem Artikel eine wesentlich respektablere Vorlage als jene Internet-Hassbotschaften, indem er behauptete, der Bevölkerungszuwachs, der vor allem in Afrika erfolge, sei ein »Haupttreiber des Klimawandels«. Der jüngst veröffentlichten Sachstandsbericht des Weltklimarats zeigt hingegen, dass die Bevölkerung im globalen Süden am wenigsten zum Klimawandel beigetragen hat und bei­trägt. Dennoch ist sie am stärksten von den Auswirkungen betroffen. Tatsächlich entscheidend für Umweltbelastungen jeglicher Art ist nämlich nicht die Größe der Bevölkerung, sondern deren ­Lebensstil.

Die AfD und der Notstand

»Afrika trägt heute zu den weltweiten Emissionen gerade mal vier Prozent bei und die Pro-Kopf-Emissionen in Afrika liegen in der Regel unter einer Tonne pro Kopf. Das ist ein Zehntel von dem, was wir in Europa haben, oder ein Zwanzigstel von dem, was wir in den nordamerikanischen Staaten haben«, sagte Adolf Kloke-Lesch, der Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Ent­wicklungspolitik, im Deutschlandfunk

Die meisten Befürworter einer ­Bevölkerungsreduktion denken freilich nicht daran, die Geburtenzahlen in Europa oder den USA zu senken. Dahinter steckt wohl die mehr oder minder bewusste Angst, die Menschen aus dem Süden könnten sich in Richtung Europa oder Nordamerika aufmachen, wenn die Länder, in denen sie derzeit wohnen, durch Hitze und Wasserknappheit oder durch steigende ­Meeresspiegel unbewohnbar werden.

Wenn die AfD in ihrem »Umweltprogramm« einen ­relevanten menschlichen Beitrag zum Klimawandel – noch – leugnet, da sich das Klima seit der Entstehung der Atmosphäre schon immer gewandelt habe, zeigt das wenig fachliche Expertise. Es ignoriert den komplexen Zusammenhang von Treibhausgasemissionen, Erderwärmung und Auswirkungen des Klimawandels. Nun bietet sich das Märchen von der Überbevölkerung als Ersatz an, wenn die Leugnung des Klimawandels mit jedem neuen Hitzesommer auch unter den eigenen Anhängern an Glaubwürdigkeit verliert. Je mehr aber die AfD den Klimawandel in ihre politische Vorstellungswelt integriert, desto mehr könnten bisherige Verfechter eines sogenannten Klimanotstands unangenehme Unterstützer bekommen.

Viele Städte und Gemeinden haben – bislang sym­bolisch – einen sogenannten Klimanotstand erklärt. Die Begriffswahl entspricht zwar der Dramatik der erwarteten Konsequenzen des Klimawandels, ist aber ungeschickt, denn der Notstand ist, genau wie die Rede von der Überbevölkerung, letztlich ein autoritärer, rechter Topos. Ein Notstandsregime, das Grenzschließungen ökologisch begründet – das wäre eine Politik ganz nach dem Geschmack der extremen Rechten. Das kapitalistische System als Verursacher des Klimawandels bliebe hingegen unangetastet.