Ausbeutung in der digitalen Gesellschaft

Karl Marx und die Roboter

Seite 4 – Alter Wein in neuen Schläuchen

Es geht nicht um die neueste Technik oder maximale Automatisierung, sondern um Profitmaximierung. Wo es sich lohnt, wird automatisiert, wo nicht, verrichten die Menschen weiter die Drecksarbeit, wie etwa der US-amerikanische Schriftsteller und Gewerkschafter Kim Moody argumentiert.

Die Beiträge eint des Weiteren die Aussicht, dass die Digitalisierung »nicht als Umwälzung, sondern eher als ein zaghafter Suchprozess« zu verstehen sei. Gegen den Hype um die sogenannte Industrie 4.0, die »vierte industrielle Revolution« und die sogenannte Wissensgesellschaft mahnt der Band mit kritischer Sozialwissenschaft anschließend an Marx zur Mäßigung und ordnet die derzeitigen Entwicklungen historisch ein. Automatisierung ist kein neues Phänomen. Die aktuellen Debatten erinnern nicht zufällig an Diskussionen über das »menschenleere Büro« aus den achtziger Jahren. Bereits 1835 formulierte Andrew Ure den Gedanken der automatisierten Organisation der Fabrikarbeit, die qualifizierte Arbeit nach und nach überflüssig machen werde. Die heutige Debatte über Digitalisierung ist also vor allem alter Wein in neuen Schläuchen.

Das Buch von Butollo und Nuss ist spannend und Marx’sche Begriffe wie Profit, Mehrwert, Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse werden auch meist gut eingeführt. Aber wie heutzutage Klassenkämpfe geführt werden könnten, welche Organisationsformen dafür sinnvoll wären und wie sich Widerstand von unten gestalten könnte – davon erfährt man im Buch leider nichts. Mit der Orientierung am Ökonomen Marx macht der Band deutlich, dass eine neue Technologie an sich noch zu keiner Revolution führt. Entscheidend für das Verständnis von Klassenkämpfen bleibt die Analyse des Zusammenspiels von ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen. Interessant wäre insofern auch ein Bezug auf die Jornalistischen Politischen Arbeiten Marx’ gewesen, die sich immer in die gesellschaftlichen Konflikte einmischten.