Kaschmir-Konflikt

»Der dunkelste Tag«

Seite 4 – Aus der Terrorgefahr Profit schlagen

Die Terrorgefahr weiß die indische Regierung allerdings auch für sich zu nutzen. Unmittelbar vor der Ankündigung, Jammu und Kaschmir den Sonderstatus zu entziehen, hatte Indien ­gemeldet, es gebe eine Terrorwarnung für die Region. Darauf folgten die Entsendung von Truppen, eine erste Kommunikationssperre und bald danach die totale Blockade. Dabei seien einfache Bürger in ihren Häusern eingesperrt worden, sagt Jaan Nissar Lone. »Wenn die Inder nicht an die Demokratie glauben, warum sollten wir Kaschmiris es?« fragt der aus Kaschmir stammende Musiker, der in Mumbai lebt. Politikerinnen und Poli­tiker, die für ein säkulares Indien eintreten, seien festgenommen worden, so Lone. Darunter ist die ehemalige Regierungschefin Kaschmirs (2016 – 2018), Mehbooba Mufti (PDP).

»Heute ist der dunkelste Tag der indischen Demokratie«, twitterte sie kurz vor ihrer Inhaftierung am 5. August. Durch die einseitige Entscheidung der Bundesregierung mache Indien sich zu einer Besatzungsmacht, schrieb sie weiter, seit diesem Tag gab es keine weiteren Tweets mehr. Ihre Tochter Iltija Mufti sagte ausländischen Medien, die internationale Gemeinschaft müsse handeln, denn die Menschen in Kaschmir seien »wie Tiere eingesperrt« und sie habe Angst um ihr Leben. Agenturen meldeten mutmaßliche Übergriffe von Polizisten und Soldaten auf Kaschmiris, während die Regierung friedliche Bilder aus dem Bundesstaat verbreitete. Erst allmählich wird das Ausmaß der Repression in Jammu und Kaschmir deutlich.

Die deutsche Regierung mahnte den Dialog mit der Bevölkerung an. Die UN äußerten sich besorgt, »dass die jüngsten Einschränkungen im von ­Indien verwalteten Kaschmir die Menschenrechtssituation in der Region verschärfen« werden. Am Freitag vergangener Woche beriet der UN-Sicherheitsrat hinter verschlossenen Türen. Es war die erste Sondersitzung zum Kaschmir-Konflikt seit fast 50 Jahren, was insbesondere Pakistans Premierminister Khan begrüßte. Indien dagegen besteht darauf, dass der Status der Region eine interne Angelegenheit sei. Das hatte das Parlament in einer Resolution bereits 1994 beschlossen.