Chemsex-Partys

»Es gibt Fälle von Traumatisierung«

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Interview Von

Wird dann Kondomgebrauch überhaupt verhandelt?
DS: Es gibt heutzutage verschiedene Wege, eine HIV-Übertragung zu verhindern. Die meisten Menschen, die von ­ihrer HIV-Infektion wissen, nehmen Medikamente und können HIV beim Sex nicht mehr weitergeben. Und auch durch die prophylaktische Einnahme von Medikamenten, die Prepp (Präexpositionsprophylaxe, Jungle World 44/2017) kann man eine HIV-Neuansteckung verhindern. Deswegen ist der Kondomgebrauch bei solchen Partys eher unüblich.

Gibt es auch einen emotionalen Kater nach solchen Partys?
UG: Die Substanzen bewirken natürlich, dass erstmal alle Endorphine ausgeschüttet sind. Die Leute gehen dann allein nach Hause, wo sich ein ausgeprägtes Einsamkeitsgefühl einstellen kann, sie vermissen Zuneigung und Nähe. Auch Sozialkontakte nehmen oft ab. Manche Leute kommen aber auch sehr lange und gut mit ihrem Leben klar, pflegen Kontakt zu Familie und Freunden und konsumieren nur ab und zu. Andere haben irgendwann nur noch Sozialkontakte über solche Settings, andere Sozialkontakte treten sehr in den Hintergrund oder gehen komplett verloren. Wenn solche Leute sich entschließen, sich nicht mehr in diese Szene hineinzubegeben, fällt ihnen oft erst dann auf, wie viele ihrer Kontakte damit verbunden sind. Sie haben es dann sehr schwer, einen kompletten Cut zu machen, das kann dann in eine neue Einsamkeit führen. Es gibt aber auch Fälle von Traumatisierung.

Was löst eine solche Traumatisierung aus?
UG: Es kann vorkommen, dass zum Beispiel jemand überdosiert wurde oder von anderen Substanzen verabreicht bekommen hat, die nicht gewünscht waren. Neben der Frage der Freiwilligkeit und der Unfreiwilligkeit des Drogenkonsums kann es bei den Partys auch zu sexuellen Übergriffen kommen.
DS: Leute sind oft vorher traumatisiert zum Beispiel durch ihre biographischen Erlebnisse, Erfahrung von Ausgrenzung.